Die Spirke gehört zur Familie der Kieferngewächse und ist so eng mit der Latsche (Bergkiefer, Krummholzkiefer, Legföhre) verwandt, dass einige Botaniker sie gar nicht als eigene Art – Pinus uncinata –, sondern als Unterart der Latsche – Pinus mugo subsp. uncinata – sehen. Tatsächlich ähneln sie sich sehr.
So erkennst du die Spirke
Die bis zu 5 cm langen Nadeln stehen paarweise an den Kurztrieben und die Zapfen reifen erst im zweiten Jahr, bevor sie die geflügelten Samen frei geben. Der Unterschied zur Latsche liegt vor allem im Habitus: Während die Latsche strauchförmig ist und kaum höher als drei Meter wird, bildet die Spirke einen Stamm aus, wächst aufrecht und kann bis zu 25 m hoch werden. Zudem weisen ihre Zapfen kleine hakenförmige Fortsätze auf, was ihr auch den Namen „Hackenkiefer“ einbrachte.
Von der viel häufiger vorkommenden Rotkiefer (Pinus sylvestris) lässt sie sich durch ihren dunklen Stamm unterscheiden und die Abgrenzung zur Zirbe (Pinus cembra) ist schon allein durch die Anzahl der Nadeln pro Bündel (5 bei der Zirbe) gegeben.
Eine wahre Überlebenskünstlerin
Die Spirke findet man vor allem in den Westalpen und den Pyrenäen. In Österreich kommt sie in Vorarlberg und Tirol bis zum Lechtal und zum Fernpass vor, vereinzelt aber auch weiter östlich in Moorgebieten wie etwa im Waldviertel.
Innerhalb ihres Verbreitungsgebietes hat sich die Spirke zwei der schwierigsten Standorte ausgesucht, die man sich als Baum vorstellen kann:
- Zum einen trockene, humusarme Hänge, die nicht selten von losem Gestein überschüttet werden. Hier kann sie bis in eine Höhe von 2.300 m vorkommen.
- Zum anderen kommt sie aber auch auf unwirtlichen nassen, sauren Moorböden vor.
Eines ist sicher, die Spirke ist eine echte Überlebenskünstlerin.
Speziell auf instabilen Schutthängen übt sie zudem eine wichtige Schutzfunktion aus und wo sie richtige „Spirkenwälder“ bildet, bereitet sie den Boden für viele weitere, meist trockenresistente, wärmeliebende und seltene Pflanzen vor. Nur eines tut sie nicht: schnell wachsen.
Es kann durchaus vorkommen, dass Bäume mit nicht einmal 15 cm Stammdurchmesser schon mehr als 100 Jahre alt sind.
Kein Wunder also, dass die letzten verbliebenen Spirkenwälder in Vorarlberg und Tirol einen besonderen Schutzstatus genießen und dem internationalen Netzwerk Natura 2000 angehören.
Raritäten unter Schutz
Im Rätikon wurden vier Schutzgebiete extra für die Rarität „Spirkenwälder“ eingerichtet. Diese Vorkommen decken immerhin den größten Teil der Vorarlberger und rund die Hälfte der österreichweiten Spirkenbestände ab.
Die vier Schutzgebiete:
- Spirkenwälder Brandnertal
- Spirkenwälder Innergamp
- Spirkenwald Oberer Tritt
- Spirkenwald Saminatal – mit 478 h das größte Gebiet im Bereich Walgau – Großes Walsertal – Arlberg
Aber auch im Gamperdonatal und im Gadental kommt die Spirke vor. Dass sie auch – wenn auch nur sehr isoliert – im Montafon auf silikatischem Untergrund vorkommt, weiß man allerdings erst seit Kurzem.
Die Spirke im Gadental
Das Gadental ist ein höchst außergewöhnliches Tal im Biosphärenpark Großes Walsertal. Als Natura 2000 Gebiet und mit 1.500 ha größtes Naturschutzgebiet Vorarlbergs stellt es eine der Kernzonen des Biosphärenparks dar und zeichnet sich vor allem durch seine vielen verschiedenen Biotoptypen auf kleinstem Raum aus. Im unteren Bereich des Tales, das über Buchboden und Bad Rothenbrunn zu erreichen ist, findet man Spirkenwälder und einen Latschen-Spirken-Misch- und Übergangsbestand, bevor sich Tannen, Fichten, Buchen und Bergahorn einmischen, die jede für sich eine artenreiche Waldgesellschaft bilden. Mit den Bäumen geht eine bunte Krautschicht einher, die vor allem viele Orchideenarten, unter ihnen der Frauenschuh, aber auch den seltenen Hirschzungenfarn beheimatet.
Im mittleren Bereich des Tales findet man drei Alpen – die Gaden-, Diesnerberg- und Matona-Alpe. Tiefgründige Böden und sanfte Geländeformen stellen die Grundlage für die Weidekultur dar. Dahinter erhebt sich allerdings eine gewaltige Feststufe aus Dolomit und darüber eine riesige Karstfläche mit einem fließenden Übergang von Latschengehölzen in zwergstrauchdurchsetzte Rostseggenrasen und Polsterseggenfluren.
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Noch seltener als die Spirke
Das Gadental ist wie alle Biotoptypen des Biosphärenparks sehr genau untersucht, dokumentiert und unter Beobachtung. Die Liste der vorkommenden Pflanzenarten ist lang und beinhaltet zahlreiche streng geschützte Arten. Selbst die anderswo seltene Weißtanne oder die Eibe nehmen hier einen wichtigen Platz ein.
Eine einzige Baumart allerdings, die sonst schlicht das Symbol für den Alpenraum darstellt, widerstandsfähig, frostbeständig und majestätisch, kommt im Großen Walsertal nicht vor: die Zirbe.
Tatsächlich ist die Zirbe in ganz Vorarlberg keine häufige Baumart und bildet kaum geschlossene Bestände, wie dies etwa in Tirol in den Tuxer- oder Zillertaler Alpen der Fall ist. Einzelne Bäume findet man im Bereich des Arlbergs (Lech, Zürs, Schröcken) und der Silvretta, wo das Klima im Gegensatz zum Großen Walsertal (feuchtes, warmes Kontinentalklima) deutlich rauer (kaltgemäßigt, subarktisch) ist. Ob allerdings rein die klimatischen Bedingungen oder auch eine zu starke Entnahme für Schnitzereien oder die geschichtlich bedingte Rodung der Almen die Zirbe im Großen Walsertal und in ganz Vorarlberg derart zurückgedrängt hat, bleibt offen.
Jedenfalls genießt die Zirbe in Vorarlberg heute einen hohen Schutzstatus:
Weder darf die Zirbe zur Gewinnung des wohlriechenden und antibakteriell wirkenden Holzes geschlägert, noch dürfen ihre Zapfen oder Samen verwendet werden.
Tischler aus der Region bieten zwar Zirbenmöbel an, der Rohstoff kommt allerdings aus Tirol. Und Zirbenschnaps wird man auf den Alpen des Großen Walsertales vergeblich suchen.
Kurzum, die weitaus bekanntere Zirbe ist im Großen Walsertal noch seltener als die unbekannte Spirke, so dass sie zumindest hier einen gewissen Bekanntheitsgrad errungen hat. Uns ist sie jedenfalls sehr sympathisch – die Latsche, die sich aufgerichtet hat, sich nicht von extremen Bedingungen unterkriegen lässt, labile Hänge sichert und vielen anderen Arten einen Lebensraum bietet.