Ein Obstgarten im Dornröschenschlaf
Die verwitterten Apfelbäume, die zugewucherten Kirschbäume – der Anblick des verwahrlosten Obstgartens direkt am Ufer des Schillerwassers schmerzte Frank Hagen (stellvertretend für den Verein Operation Grüner Daumen). Schließlich wusste er ebenso wie einer Handvoll Mitstreiter:innen, dass das Potenzial dieser Streuobstwiese bei Weitem nicht ausgeschöpft ist – als artenreicher Lebensraum, in dem Mensch, Pflanzen und Tiere in einer einzigartigen Win-win-win-Symbiose leben.
Spatenstich für das Schlaraffenland
Eine Vision wurde geboren – ein Waldgarten, der in Zusammenarbeit mit Schulen den Kreislauf eines Obstgartens erlebbar machen sollte. Und der Traum wurde verwirklicht. Dank der Finanzspritze der Brennnessel, einer Initiative von Blühendes Österreich, konnte im Jahr 2000 mit dem artenreichen Anstrich dank der Kinder der Lernwerkstatt Brigittenau begonnen werden:
Die verwilderten Bäume bekamen einen revitalisierenden Baumschnitt, neue Obstbäume (Pfirsich, Khaki, Kiwi, Mirabelle, Apfel, Zwetschke, Maulbeere), 60 Sträucher (Beeren aller Art, Ölweiden) wurden in „Pflückhöhe“ für junge Naschkatzen auf zwei Beinen gesetzt. Bodendecker wie Erdbeeren und Kräuter wurden gepflanzt. Immer mit dem Ziel, auch den dort lebenden Tieren Nahrung und Unterschlupf zu bieten. Mit Erfolg.
„Einen Waldgarten anzulegen, bedeutet ein zukunftstaugliches Ökosystem zu erschaffen, das einerseits den Menschen das Wesen des Waldes näherbringt und andererseits das wärmer werdende Klima und Strategien dagegen thematisiert. BILLA macht sich stark für Klimaschutz und mehr Biodiversität – aus diesem Grund unterstützen wir dieses Projekt in der Lobau über unsere Stiftung Blühendes Österreich“,
bekräftigt Eric Scharnitz, BILLA Vertriebsdirektor.
Heute schnabulieren Rehe mit Vorliebe saftige Maulbeerblätter, die Kinder und BesucherInnen naschen die Früchte, ernten Kürbisse, Erbsen und Beeren, welche die Hasen übrig lassen. Die Biber übertreiben es manchmal mit ihrer Nagelust, aber auch das gehört dazu. Immer mehr Vogelarten tauchen auf und verleihen dem Paradies seinen ebenbürtigen Klang.
Dazu wurde gemeinsam mit den Schulkindern eine Infrastruktur geschaffen: Ein Brunnen wurde reaktiviert, um bei Trockenperioden mit etwas Nass nachzuhelfen, eine Baumschule aus 30 Jungbäumen gesetzt und eine Feuerstelle angelegt.
„Mit der Gießkanne kamen wir nicht mehr weit auf der neu bepflanzten Fläche. Der reaktivierte Brunnen macht uns die Bewässerung heute einfach“,
freut sich Frank Hagen über die Vielzahl an verwurzelten Schützlingen. Die einstige Brache ist heute eine reichhaltige, gut besuchte Kulturlandschaft. Auch andere Vereine und Initiativen bringen sich mit Hingabe ein: Ein neu angelegter Pilzgarten und ein duftendes Kräuterbeet zeugen davon.
Der Verein Operation Grüner Daumen zeigt vor, dass das symbiotische Leben von Menschen, Tieren und Pflanzen auch auf kleiner Fläche funktionieren kann. Das Jahresrad dreht sich heute im Waldgarten Barbenhäufel, und mit ihm ist Routine eingekehrt: Die Kinder kommen wöchentlich an drei Vormittagen, veredeln die Bäume mit, ernten und verkosten die reifen Früchte in der extra gebauten Outdoor-Küche.
Das Projekt Waldgarten Barbenhäufel ist eines von 12 Brennnesselgewinnern – den gefeierten Naturschutzinitiativen – in der Kategorie „Gemeinden, NGOs, Landwirt:innen und Privatpersonen“.