Wie steht es um die flatternde, piepende und tschilpende Vielfalt? Welcher Vogel ist gefährdet und benötigt Schutz, zieht im Winter in den Süden und welcher bleibt?
Blühendes Österreich hat sich zum Ziel gesetzt, Naturflächen zu schützen und deren gefiederte Bewohner einen (Über-)Lebensraum zu bieten.
Denn mit der intensiven Landwirtschaft und dem Verbau von wertvollen ökologischen Flächen sinken die Bestände der Vögel nachweislich.

Erfahre zudem, wie du den Vögeln aktiv helfen kannst!
Vogel Star

1. Zehn gefährdete Vogelarten

Mehr als die Hälfte der heimischen Vogelarten ist gefährdet. Darunter die Blauracke, der Raubwürger und der Ortolan. Sie leiden unter der verstärkten Industrialisierung der Landwirtschaft, die einen Rückgang der Insektennahrung und das Verschwinden wertvoller Landschaftselemente zur Folge hat. Die Anzahl dieser Tiere ist stark im Abnehmen.

  1. Blauracke, die Auffällige
    Die Blauracke hat ein türkis-azurblaues Gefieder und ernährt sich von großen Insekten. Bis in die 70er-Jahre war sie im Osten Österreichs noch weit verbreitet, 2015 haben nur noch drei Paare dieser Gattung in der Südoststeiermark gebrütet.
  2. Ortolan, der Sänger
    Der Ortolan ist ein Zug- und Singvogel. Er zwitschert gerne von Telefonleitungen und Baumspitzen. Waren in den 60er-Jahren noch über 200 Paare auszumachen, ist 2015 nur mehr ein Männchen aufgetaucht.
  3. Raubwürger, der Würger
    Farblich eher unscheinbar und amselgroß. Das ist der Raubwürger. Er spießt seine Mäuse-Beute auf Dornensträuchern auf und legt sich seine Vorratskammer an. Fünf Paare ziehen derzeit im Wald- und Weinviertel ihre Jungen groß. Vor 100 Jahren waren diese Vögel fast in allen Bundesländern heimisch.
Vogelfakten

4. Tüpfelsumpfhuhn, der Nestflüchter
Das Tüpfelsumpfhuhn gehört zur Familie der Kranichvögel. Sein Bestand nimmt stätig ab. Noch findet man ihn in der Gegend des Neusiedler Sees.

5. Bekassine, die Meckernde
Das Bekassine-Männchen meckert beim Balzflug, indem es sich mit abgespreizten äußeren Schwanzfedern in die Tiefe stürzt. An die 100 Brutpaare sind noch im Ibmer Moor.

6. Rotfußfalke, der Rotbeinige
Sie gehören zu der Familie der Falken und zeigen sich auf der Parndorfer Platte im Burgenland. Heuer hat nur mehr ein Pärchen erfolgreich mit einem Jungvogel gebrütet.

7. Wiesenweihe, die Bodenbrütende
Weil sie sich mit ihrem braun-grauen Gefieder so gut tarnt, wird die Wiesenweihe beim frühen, häufigen Mähen oft übersehen. 15 Paare kommen noch im Waldviertel vor.

8. Uferschnepfe, die Elegante
Die schlechten Bedingungen im Winterquartier machen der Uferschnepfe sehr zu schaffen. Der große Wattvogel hält sich vorwiegend in feuchten Wiesen auf.

9. Spießente, die Spitzige
Ein bisschen kleiner als die bekannte Stockente, sehr schlank, mit dünnem Hals. Das ist die Spießente. Weniger als fünf Brutpaare halten sich noch im Neusiedler Seewinkel auf.

10. Triel, der Hochbeinige
Der Triel hat einen großen Kopf und eine gelbe Iris. Zehn Brutpaare sind bekannt. Vorkommen: in der südlichen Region des Wiener Beckens.

 

Zugvögel Weißstorch

2. Zugvögel im Herbst: Wer kommt, wer fliegt, wer bleibt?

Zweimal im Jahr herrscht ein Kommen und Gehen und die Karten in der heimischen Vogelwelt werden neu gemischt. Doch was genau steckt hinter diesem Phänomen? Wer fliegt fort, wer bleibt, wer kommt? Was sind Langstreckenzieher und Teilzieher, welche Vögel kommen, um zu überwintern?

Weshalb zieht es einige Vogelarten in die Ferne? Sie tun das, um das Nahrungsangebot verschiedener Klimazonen zu nutzen. Gerade die meisten Insektenfresser unter unseren heimischen Vögeln würden im winterlichen Mitteleuropa einfach verhungern. Umgekehrt zieht es sie im Frühling wieder zu uns, wo die milde Jahreszeit angenehmer ist als die heißen Tropen. Hier lässt es sich gut balzen, Nester bauen und Junge aufziehen, bevor es, mehr oder minder gut gemästet, wieder zurück in den Süden geht.

 

Wer fliegt fort? Unsere Langstreckenzieher fliegen auf Afrika

Mauersegler, Rauchschwalbe, Kuckuck, Weißstorch, Gartenrotschwanz, Nachtigall und viele andere… Sie alle sind Langstreckenzieher und überqueren Mittelmeer und Sahara, um im südlichen Afrika zu überwintern. Meist lösen die kürzer werdenden Tage ihren Abflug aus. Und um ihre Route zu finden, orientieren sich Zugvögel an der Sonne, den Sternen und dem Magnetfeld der Erde.

Nicht alle Zugvögel überfliegen das Meer

Andere Vögel fliegen kürzere Strecken und ziehen sich während der Wintermonate „nur“ an die Mittelmeerküste oder auch bloß aus dem Gebirge in die geschützten Täler zurück. Als solche Teilzieher gelten zum Beispiel Star, Rotkehlchen, Zilpzalp oder der weithin bekannte Hausrotschwanz.

 

 

Wer kommt? Buchfink und Saatkrähe im Anflug

Naturgemäß betrifft das Phänomen des Vogelzuges nicht nur die bei uns brütenden Vögel. Wenn es im nördlichen Europa und Asien kälter wird, ziehen viele, die den Sommer dort verbracht haben los und bereichern als Wintergäste die heimische Vogelwelt. So sieht man ab Herbst beispielsweise wesentlich mehr Buchfinken in den Wäldern und Parks. Auch Bergfinken und Zeisige lassen sich jetzt oft in größeren Schwärmen beobachten. Einer unserer bekanntesten Wintergäste ist die Saatkrähe. Vor langer Zeit wurde sie in Österreich als Brutvogel ausgerottet, nun kommt sie nur noch im Winter in Scharen aus Russland zu uns.

Wer bleibt? Standvögel, die treuen Seelen

Vogelarten, die das ganze Jahr in ihrer Region bleiben, bezeichnet man übrigens als Standvögel. Als solche gelten bei uns beispielsweise Kohlmeise, Haussperling und auch viele Greifvögel wie Turmfalke oder Habicht.

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Über dem Kitzsteinhorn - Zell am See – Kaprun Tal und Berge Landschaft Luftaufnahme im Winter

3. Top 10 der Wintervögel

Über 150 Vogelarten flattern im Winter durch Österreich. Während unsere Zugvögel bereits in Richtung Süden aufgebrochen sind, halten sie hier die Stellung. Vorhang auf für die häufigsten 10 heimischen Wintervögel:

  1. Kohlmeise: die Nummer eins

    Die Kohlmeise mit der schwefelgelben Brust und der schwarzen Kopfhaube ist die häufigste am heimischen Futterhaus. Sie ist lernfähig, weil sie beobachtet und imitiert. Ihr Zweiklang-Gesang klingt manchmal wie „Früh – ling“. Am liebsten hat sie im Winter Sonnenblumen- und Erdnusskerne sowie Hanfsamen. Als Pärchen sind die Kohlmeisen übrigens unschlagbar: Sie übernachten in der kalten Jahreszeit zwar alleine in ihren Schlafhöhlen, das Männchen holt das Weibchen aber morgens ab und geleitet es abends wieder zurück.

  2. Haussperling: der Tschilper

    Er heißt eigentlich Haussperling, viele kennen ihn aber besser als Spatz, „tschilp tschilp“! Sein Gefieder ist am Bauch braunbeige, am Rücken braunrot und schwarz gestreift. Um besser beeindrucken zu können, tragen die Männchen eine graue Kopfplatte und eine schwarze Kehle. Spatzen sind äußerst gesellig, man sieht sie selten alleine. So sind sie auch besser vor Greifvögeln geschützt. Am Futterhaus lieben sie Sonnenblumenkerne, Hirse, Mais und andere Körner.

  3. Amsel: die Schwarzdrossel

    Im Gegensatz zu einigen anderen Vogelarten ist die Amsel leicht zu erkennen, vor allem das Männchen. Sein Gefieder ist schwarz, der Schnabel orange und es hat einen gelben Augenring. Die Weibchen sind unauffälliger und braun. Sie sind gerne in Gemeinschaft und übernachten in Schlafbäumen, da sind sie vor Katzen und Rabenvögeln auch besser geschützt. Wenn es draußen kalt ist, schnabulieren die melancholischen Flöter Rosinen, Hafer- und Maisflocken.

  4. Blaumeise: das Leichtgewicht

    Die Blaumeise ist eine der kleinsten heimischen Meisen und zählt zu den häufigsten Vögeln in unserem Land. Kein anderer Wintervogel in Mitteleuropa leuchtet mit seinem blaugelben Federkleid so schön. Weil sie so wenig wiegt, fällt ihr das Naschen an hängenden Futterspendern leicht. Ihre winterliche Leibspeise – Sonnenblumenkerne, Hanfsamen und Nussbruch. In Gruppen mit anderen Meisen, Kleibern und Finken kann man sie an ihrem Trillern heraushören. Blaumeisen-Männer neigen gelegentlich zum Seitensprung!

  5. Buchfink: der Anspruchslose

    Außer ein paar Bäumen und Sträuchern braucht der Buchfink nicht viel. Im Winter muss sich der rotbraune Schönling mit dem taubenblauen Schopf und den schwarz-weißen Flügeln meist alleine durchschlagen – die beige-grünlichen Weibchen flüchten gerne ans wärmere Mittelmeer. Dann suchen sich die Männlein eben andere Weggefährten und tun sich mit den Bergfinken zusammen. Er mag es im Winter vegetarisch in Form von Salat, Samen und Körnern.

  6. Grünfink: der Langschläfer

    Er schaut dem Spatz ähnlich, der männliche Grünling oder Grünfink hat aber im Gegensatz zum Haussperling gelb-oliv gefärbte Federn. Er spart seine Energie in der kalten Jahreszeit, indem er seine Körpertemperatur senkt und erst mit dem Sonnenaufgang aufsteht – das ist in der Vogelwelt spät! Seine Stimme klingt ein bisschen wie eine Trillerpfeife. Am liebsten hat er im Winter knackige Kerne von Sonnenblume oder Erdnuss.

  7. Kleiber: der Elegante

    Der Kleiber ist der eleganteste unter den Wintervögeln: Sein Federkleid ist graublau und rostbeige, sein Gesicht mit einem langen schwarzen Augenstreif geschmückt. Seinen Namen hat der Kleiber vom Kleben der Lehmkugeln, mit denen er den Eingang seiner Bruthöhle so verkleinert, dass keine Feinde mehr hineinpassen. Der kompakte Winzling ist europaweit der Einzige, der kopfüber einen Baumstamm hinunter laufen kann! Und clever ist er auch – er nutzt die Bruthöhlen von Bunt- und Grünspecht, bei denen er nur noch die Eingangstür anpassen muss. Seine bevorzugte Nahrung im Winter: Bucheckern und Haselnüsse, Erdnussbruch und Körner. Im Wald pfeift er manchmal den Spaziergängern hinterher!

  8. Tannenmeise: die Akrobatin

    Sie ist die kleinste ihrer Gattung und eine Miniaturausgabe der Kohlmeise, der sie zum Verwechseln ähnlich sieht. Im Gegensatz zu ihrer größeren, geblich-grün-gefleckten Verwandten hat die Tannenmeise auffallend weiße Nackenflecken. Durch ihre akrobatischen Künste und zangenartigen Krallen kann sie sich nach unten hängend auf Nahrungssuche begeben. Im Winter mag sie Nadelbaumsamen und Körner, gerne macht sie bei geringem Nahrungsangebot mit anderen Meisen gemeinsame Sache.

  9. Buntspecht: der Trommelwirbler

    Ein Resonanzkörper ist sein bevorzugtes Spielzeug, der Buntspecht trommelt, wo immer er kann: Äste, Dachrinnen, Antennen – nichts ist vor dem schwarz-weiß-gefleckten Bürzelträger sicher. Vielleicht ist er auch deshalb außerhalb der Brutzeit am liebsten allein. Asozial ist er trotzdem nicht – häufig agiert er als Baumeister für andere Höhlenbrüter. Baummarder mag er gar nicht, Zapfensamen, Bucheckern, Nüsse und Kleie dafür umso mehr.

  10. Stieglitz: der Farbenprächtige

    Rotes Gesicht, schwarz-weißes Köpfchen, gelbe Flügel. Der Stieglitz ist einer der buntesten Vertreter der heimischen Vogelwelt und der „Vogel des Jahres 2016“. Geschickt ist er auch: Mit seinem spitzen, langen Schnabel pickt er seine Samenkörner bevorzugt aus Disteln, sein Zweitname – Distelfink. Sonnenblumenkerne mag er übrigens auch. Innerhalb seiner kleinen Trupps, mit seinen Vogelkollegen, verständigt er sich durch seine „Stieglitt-Stieglitt“-Rufe.

 

Voegel fuettern im Winter. Spatzen.

4. Den Vögeln helfen: So fütterst du sie richtig im Winter

Wann füttern?

Bereits im Spätherbst, sobald das natürliche Futterangebot für die Vögel knapp wird, spätestens aber mit den ersten Schneefällen sollte mit der Fütterung begonnen werden. „Ab da füttert man am besten kontinuierlich den ganzen Winter hindurch. Somit können sich die Vögel auf eine durchgehende Versorgung verlassen und bei starkem Frost oder einer geschlossenen Schneedecke auf eine zuverlässige Nahrungsquelle zurückgreifen“, rät Eva Karner-Ranner von BirdLife Österreich. „Im Frühling sollte die Fütterung nur langsam ausklingen, denn gerade bei späten Wintereinbrüchen im März oder April werden Futterstellen wieder wichtig für früh eintreffende Zugvögel.“

Wo füttern?

Der ideale Platz der Vogelfutterstelle ist in der Nähe von Sträuchern oder Hecken, aber freistehend. „Vögel nähern sich gerne aus sicherer Deckung einer Futterstelle“, informiert die Expertin. „Dennoch sollte sie so übersichtlich sein, dass Katzen nicht unbemerkt darunter lauern können.“ Einige Vögel wie beispielsweise Rotkehlchen oder Amseln fressen lieber am Boden. Für diese kann das Futter in Bodenfuttersilos angeboten werden, aber besser nicht in Gärten, die regelmäßig von Katzen besucht werden.

Wie füttern?

Hygiene an der Futterstelle ist besonders wichtig, da sich sonst Krankheiten schnell ausbreiten können. „Deshalb empfehlen wir unbedingt Silofutterhäuser oder Futtersäulen! Denn in offenen Futterhäusern wird das Futter durch den Kot der Vögel verunreinigt und so die Übertragung von Krankheiten ermöglicht“, weiß Karner-Ranner zu berichten. Das Futter sollte auch immer trocken gehalten werden, denn verschimmelt es, kann es giftig und für die Vögel fatal sein. Eine sinnvolle Ergänzung für die Futterstelle ist eine Gittersäule für Nüsse sowie Meisenknödel- bzw. Fettblockhalter.

Was füttern?

Wer möglichst unterschiedliches Futter anbietet, lockt damit viele verschiedene Vogelarten an:

  • Amseln, Wacholderdrosseln und Rotkehlchen sind Weichfutterfresser, die gerne Äpfel, Rosinen oder fettgetränkte Getreideflocken fressen.
  • Finken (Buch-, Berg- und Grünfink, Gimpel, Kernbeißer, Stieglitz und Zeisig) sind Körnerfresser. Sie mögen Sonnenblumenkerne, Erdnussbruch und energiereiche, ölhaltige Sämereien wie Hanf oder Mohn.
  • Haussperling und Feldsperling („Spatzen“) sowie Goldammer sind ebenfalls Körnerfresser, nehmen aber lieber kleine Samen oder geschälte Sonnenblumenkerne. Im Gegensatz zu den meisten anderen Vögeln sind für sie auch stärkehaltige Körner wie Getreide oder Hirse geeignet.
  • Meisen (Kohl-, Blau- und Tannenmeise), Kleiber und Spechte fressen neben den klassischen Sonnenblumenkernen auch gerne Nüsse oder festes Fettfutter. Beliebt sind Meisenknödel oder Fettblöcke.
  • Keinesfalls füttern soll man den Vögeln hingegen Speisereste, Gesalzenes, Verschimmeltes oder Verdorbenes.

„Futter aus Menschenhand ist aber nicht alles!“, gibt Eva Karner-Ranner zu bedenken. „Ein besonderes Anliegen ist mir die naturnahe, vogelfreundliche Gartengestaltung, denn damit hilft man Vögeln das ganze Jahr über!“

 

Stunde der Wintervögel c BirdLife Brigitte Baldrian

5. Stunde der Wintervögel 2019: Die Ergebnisse der Zählaktion

Welche Vögel sind denn da? Um das Dreikönigswochenende wurden die Vögel im Garten gezählt. Erfahre in diesem Beitrag, welcher Vogel den Schnabel heuer vorne hat, wer Federn ließ und wie sich die Schneemassen auf die Vogelwelt ausgewirkt haben.

Gabor Wichmann

6. "Hungrig im Nest“: Gábor Wichmann im Interview

Gábor Wichmann, Geschäftsführer von BirdLife Österreich über die Gefahren für seine gefiederten Schützlinge, welchen Beitrag man einfach selber zum Erhalt unserer Vielfalt leisten kann und weshalb Feuchtgebiete alles andere als eine „trockene“ Angelegenheit sind:

“Ein Leben für die Vögel” würde man wohl Ihre Biografie betiteln. Gibt es einen speziellen Moment in Ihrem Leben, in dem die Liebe zu den Vögeln geweckt wurde?

Einen ganz speziellen Moment nicht, weil ich ja schon seit Kindesalter Vogelbeobachtung betreibe. Mein Vater war bereits Hobby-Ornithologe und es wurde mir quasi in die Wiege gelegt. Als 3-Jähriger war ich schon viel in Deutschland und Ungarn unterwegs, um die Vögel zu erkunden.

Haben Sie einen Lieblingsvogel? Wenn ja, was fasziniert Sie an ihm?

Ich bin einer der Ornithologen, der nicht einer einzelnen Art verfallen ist. Bei meiner Diplomarbeit habe ich mich allerdings dem Ziegenmelker gewidmet. Seine Seltenheit, weil er nachtaktiv ist, hat mich herausgefordert und fasziniert. Es war auch weniger bekannt über diese Art und das hat mich auf seine Spur gebracht. Auch der Name ist sehr außergewöhnlich, der auf die Römerzeit zurückgeht, wo es hieß, er käme in der Nacht und melke die Ziegen (lacht).

Was sind Ihre lieblings “Schau”plätze in Österreich, um die Vögel zu erkunden?

Heute gehe ich mit meinen 6-jährigen Zwillingen im Wiener Wald spazieren, auch in den Marchauen bin ich viel unterwegs und verbinde das Vogelschauen mit meiner Familie in der Freizeit – das Fernglas hab ich natürlich immer dabei und die Kinder sind auch “noch” sehr interessiert. Das Schöne an der Vogelbeobachtung ist ja: Man kann es überall tun!

Illegale Abschüsse, Vergiftungen oder die konventionelle Landwirtschaft gefährden die gefiederte Artenvielfalt: Wie rüstet sich BirdLife gegen diese Gefahren?

Wir versuchen v.a. in der Landwirtschaft über die Gremien, in denen wir sitzen, die Politik für das Wohl der Vögel zu beeinflussen. Auf der lokalen Ebene arbeiten wir daran, gemeinsam mit den Bauern für den Schutz der Vögel aktiv zu werden. Auch bei den illegalen Greifvogelverfolgungen möchten wir die Bevölkerung darüber in Kenntnis setzen – aber auch einige Jäger überzeugen, dass es nicht sinnvoll ist, sie abzuschießen. Wir zeigen die Täter außerdem an. Obwohl es meist sehr schwer zu beweisen ist, wer den Vogel vergiftet oder abgeschossen hat.

Wir hinterfragen zudem das aktuelle System mit den JagdaufseherInnen, weil es offensichtlich nicht funktioniert und arbeiten an Lösungen. Auch bei der Problematik mit der konventionellen Landwirtschaft – als Hauptursache für den aktuellen Vogelschwund – informieren wir die Bevölkerung und Politik über unsere Beobachtungen. Wir können uns sehr auf unsere aktive Community verlassen, die bei Vogelzählungen mitmacht, “im Feld” unterwegs ist und beispielsweise Giftfallen meldet.

Wie wirkt sich speziell der Klimawandel auf die heimische Vogelvielfalt aus?

Es gibt genug Studien, die zeigen, dass Langstreckenzieher, die von Mitteleuropa nach Afrika ziehen, sich schwerer mit der Anpassung tun, weil sich ihr Ablauf mit dem Zug nicht an die klimatische Veränderung hierzulande angepasst hat. Zum Beispiel sind die Insektendichten heute ein bis zwei Wochen früher als die Ankunftszeit. Und wenn der Vogel kommt, um die Jungen aufzuziehen, gibt es weniger Futter.

Auch die Landschaft ändert sich: Die Regenwahrscheinlichkeit ist geringer und so verändern sich dazu die Feuchtgebiete. Vor 10 Jahren gab es einen Klimaatlas der Vögel. Man hat die meteorologischen Daten in Modellen angesehen, was in 50 oder 100 Jahren passieren wird. Diese zeigen, dass die Arten so ungefähr 500 bis 550 km nach Nord-Ost ziehen und sich die Verbreitung verlagert. Da stellt sich die Frage, ob es dort auch das Habitat bzw. den Lebensraum für die jeweilige Art gibt. Ein Alpenvogel beispielsweise muss plötzlich 500 km von den Alpen entfernt sein, der findet seinen Lebensraum nicht mehr. Man kann davon ausgehen, dass es ein paar Klimagewinner geben wird. Der Bestand der Uferschwalben oder Bienenfresser, der aus afrikanischen Gebieten kommt, nimmt in Europa zum Beispiel zu. Die meisten Arten werden leider Klimaverlierer sein. Doch der Faktor, der die Vögel in Europa am meisten bedroht, ist immer noch die intensive Landwirtschaft.

Welche Bedeutung haben in Ihren Augen Naturschutzflächen wie jene der alten Zuckerfabrik in Hohenau für Österreichs bzw. Europas Vögel?

Hohenau ist international von großer Bedeutung, weil die Durchzügler wie viele Limikolenarten, Störche etc. hier haltmachen und diese Feuchtflächen als Rastplatz brauchen. Wenn man die Entwicklung der letzten Jahrzehnte ansieht, wo kleine Feuchtflächen in Österreich zurückgegangen sind, ist das nicht nur ein massives Problem für die heimische Tier- und Pflanzenwelt – sondern auch für den Klimaschutz. Feuchtflächen sind nämlich wichtige CO2 Binder und sind daher für den Klimaschutz enorm wichtig, wo hingegen Entwässerungsmaßnahmen genau das Gegenteil bewirken. Die Rechnung mit den Retentionsbecken wie jene der Zuckerfabrik geht nicht nur für den Bestand der Zugvögel auf – sie beugen auch Überschwemmungen vor und binden CO2! Wir können die Natur nicht kontrollieren und Gewässer dämmen, das Wasser verschwindet ja nicht, nur weil man einen Damm baut.

Können Sie sich sonst noch an andere an Leuchtturmprojekte bzw. Initiativen erinnern, die die Lebensbedingungen – für insbesondere Vögel – sichtbar verbesserten?

Da fällt mir gleich der Verein Auring ein, der sich um das Vogel-Refugium der alten Zuckerfabrik in Hohenau kümmert. Wenn wir vom Wasser weggehen, gibt es Lanius oder Halm in Salzburg – kleine und regionale Initiativen. Es gibt neben dem großen ÖPUL (Österreichisches Programm für umweltgerechte Landwirtschaft) viele kleine Vereine und private Initiativen, die versuchen, die Kulturlandschaft zu erhalten. Diese Initiativen können aber nur eine eingeschränkte Fläche pflegen.

Deshalb sind private Initiativen so wichtig, die nicht in staatlicher Hand sind, wie Blühendes Österreich zum Beispiel. Man tut sich einfach leichter, die Natur zu schützen, weil die Formalitäten abgespeckt sind und weniger “über-”kontrolliert wird. Man kann so relativ schnell und pragmatisch Flächen schützen. Zum anderen kriegt der Bauer bzw. die Person, die die Flächen pflegt, ein Geld für seine Leistung, in dem er aktiv wertvolle Naturflächen schützt – und nicht eine Kompensation für den Verdienstentgang, wie das bei ÖPUL geschieht. Wir bemessen also gemeinsam mit Blühendes Österreich den Naturschutzwert und nicht den wirtschaftlichen Wert einer Fläche. Wir hoffen, dass sich diese Herangehensweise gänzlich in der ländlichen Entwicklung durchsetzten würde.

Wie kann jede/r im Alltag einen einfachen Beitrag leisten, um die Vögel zu schützen?

Man kann über Naturschutzpreise wie Die Brennnessel einreichen, dass man zum Beispiel die letzte Streuobstwiese im Ort retten möchte oder Brachflächen erhalten bzw. generell die Landschaft pflegen will. Wenn man einen Garten hat, sollte man ihn vogelfreundlich gestalten – sprich ohne Thujen und grünen Rasen, sondern mit heimischen Gehölzen und Wildkräutern. Vielleicht auch die alten Bäume stehen lassen und nicht jedes Totholz entfernen. Selbstverständlich kann man auch BirdLife Österreich unterstützen.

Dann könnte man natürlich auch die Bauern in der Umgebung zum Umdenken überzeugen. Mir fällt da konkret ein Beispiel eines BirdLife Mitglieds aus dem Lungau ein, der auf Eigeninitiative angefangen hat, Braunkehlchenflächen zu sichern. Am Schluss waren es 200 bis 300 Bauern, die aufgrund seines Engagements bei ÖPUL unter Vertrag waren. Diesen Enthusiasmus und Durchhaltevermögen – aber auch Zeit – muss man aber einfach haben, um so große Erfolge zu erzielen.

Blühendes Österreich ist ja ein Gemeinschaftsprojekt mit BirdLife. Wie können diese aus Ihrer Sicht voneinander profitieren?

Dass ein Konzern wie die REWE Group sich so eine Stiftung leistet, finde ich sehr toll. Wir können dadurch profitieren, dass wir unsere Ideen direkt einbringen können. Bei ÖPUL versuchen wir es auch, nur dort sind viel mehr Stakeholder eingebunden und der Naturschutz steht hier nicht immer an erster Stelle – im Gegensatz zur Stiftung Blühendes Österreich, die sich gänzlich dem Naturschutz verschrieben hat und der Zugang zum Schutz der Flächen natürlich ein anderer ist. Bei der Flächenauswahl sprechen wir aktiv mit. Es ist ein unglaublicher Vorteil für uns, direkt schützenwerte Flächen vorzuschlagen.

Blühendes Österreich auf der anderen Seite profitiert von unserem Naturschutzwissen – so auch die REWE Group, weil so, wie aktuell produziert wird und die Böden ausgelaugt werden, wird es nicht mehr lange funktionieren. Und dass wir wie in den USA selber die Nutzpflanzen bestäuben müssen, soll es nicht werden. Solche Verhältnisse haben wir zwar noch nicht, aber es geht in diese Richtung wenn nichts passiert. Dass ein Lebensmittelkonzern wie die REWE Group hier mitdenkt und aktiv wird, ist sehr wichtig.

Zur Person

Gábor Wichmann hat Biologie und Ökologie an der Universität studiert. Seit 1999 war er freiberuflich als Ornithologe tätig. 2000 kam er zu BirdLife Österreich. Seit 2017 ist er dessen Geschäftsführer. Dazu ist er Vorstandsmitglied der Stiftung Blühendes Österreich.

 

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