Im Herbst lesen die österreichischen Winzer ihren Wein. Das heurige Jahr hat mit Frost und Hagel große Ernteausfälle und Herausforderungen gebracht: Der Klimawandel macht auch vor dem Weinbau nicht Halt.
„Der Frost im Frühjahr war heuer ein extrem schweres und auch seltenes Ereignis. Wie es sich künftig entwickelt, kann man nicht sagen“, sagt Klimaforscher Josef Eitzinger, Leiter des Meteorologieinstitutes der Universität für Bodenkultur Wien und Mitautor des österreichischen Klimaberichts 2014. Durch den Spätfrost im April sowie Hagel und Niederschläge im schwülen Mai erwarten die Winzer heuer statt der durchschnittlichen jährlichen Ertragsmenge von 2,5 Millionen Hektolitern nur 1,7 Millionen Hektoliter. „Besonders schwer hat es die Süd- und Weststeiermark getroffen. Dort gibt es einzelne Betriebe die nur zehn Prozent einer Durchschnittsernte gelesen haben“, sagt Johannes Schmuckenschlager, Präsident des Weinbauverbandes Österreich und selbst Weinbauer. Im Burgenland wird der Ernteausfall rund 30 Prozent betragen und „auch in der Wachau gibt es in manchen Lagen erhebliche Einbußen.“
Wetter ist ganzjährige Herausforderung
Dabei war 2016 nach 2014 das zweitwärmste Jahr der 248-jährigen Messgeschichte. Frosthäufigkeit und -stärke nehmen durch den Klimawandel ab, doch „die Entwicklung des Klimas ist in Kombination mit der Entwicklung der Pflanzen zu sehen. Durch die Erwärmung entwickeln sich die Pflanzen früher und Spätfrostschäden können je nach Region mehr oder weniger schaden“, sagt Eitzinger. Aber auch längere Wärmephasen im Winter nehmen den Gehölzen die Winterhärte und auch zu viel Stickstoffdüngung von Seiten der Landwirte führt zu geringerer Frostresistenz.
Das Wetter birgt jedoch das ganze Jahr über eine Herausforderung für die Winzer. Im Herbst ist es der verschobene Lesezeitpunkt, den die Weinbauern vermehrt beachten müssen. „Wir beginnen damit schon im August, früher war es der Oktober“, sagt Eitzinger. „Die Frucht reift schneller, man muss in der Nacht ernten, weil es kühler ist, man darf nicht zu spät ernten, damit die Frucht nicht zu viel Zucker hat“, weist er auf die veränderten Gegebenheiten hin.
Klimaveränderung als Chance
Die Klimaveränderung hat aber nicht nur negative Folgen – sie birgt auch Chancen: „Durch die Erwärmung wird es neue Regionen geben, in denen es bislang zu kühl war, Wein anzubauen“, erklärt Eitzinger. „Gleichzeitig wird es eine Sortenverschiebung in bestehenden Regionen geben. Sorten, die wärmeres Klima vertragen, etwa aus Spanien oder Italien, können angebaut werden.“ Shiraz, Carignan und Aramon wären in Österreich künftig wohl durchaus denkbar, ebenso wie Weinberge in Kärnten, Tirol oder Vorarlberg. In Oberösterreich wächst die Winzergemeinschaft bereits – sie baut Wein da an, wo er einst im Mittelalter wuchs.
Für das heurige Jahr erwartet Weinbaupräsident Johannes Schmuckenschlager, trotz außergewöhnlicher Wetterkapriolen, einen guten Jahrgang: „Der goldene Herbst hat mit seinen hohen Temperaturen im September und der langen trockenen Phase extrem positiv die Traubenreife beschleunigt. Allgemein erwarten wir uns einen sehr spritzigen, fruchtigen Wein.“
Autorin: Maria Schoiswohl