Sie sind anpassungsfähig, robust und haben nichts gegen nasse Füße. Nebenbei sind sie DIE zottelige Leibgarde für gefährdete Tier- und Pflanzenarten und lassen eine ganze Region wieder aufblühen.
Eine Herde stattlicher Wasserbüffel macht das langfristig ausgelegte Projekt in Gmünd zu einem Gewinner des Naturschutzpreises Die Brennnessel.
Das Jahr 2017. Nebelschwaden ziehen über das sumpfige, brachliegende Überschwemmungsgebiet der Lainsitz bei Gmünd. Seit einigen Jahren werden immer weniger Flächen im Naturschutzgebiet bewirtschaftet und im Untergrund spielen sich dramatische Szenen ab. Zumindest was die Biodiversität betrifft. Denn seit einiger Zeit breiten sich auf den ungenutzten Flächen dominantes Rohrglanzgras, Wasserschwaden, Brennnessel und Springkraut völlig ungestört großflächig aus – und nehmen anderen Pflanzen- aber auch Tierarten wertvollen Lebensraum. Still wird es sein, wenn Weißstorch, Wachtelkönig und der Große Feuerfalter erst einmal verschwunden sind.
Zottige Retter der Artenvielfalt
Ein Jahr später, ein sonniger Tag im Spätsommer. Malmende Kiefer und neugierige Augen, die unter einem wilden Schopf hervorlugen. Dazu ein Paar imposant geschwungener Hörner. Mag sein, dass sie es gar nicht wissen und sich einfach nur über die saftigen Feuchtflächen in der Flussniederung freuen, aber das macht ihre Hilfe nicht weniger nützlich: Die Retter in der Not am Schauplatz Naturschutzgebiet ist eine Herde von mittlerweile 14 Wasserbüffeln. Sie beweiden als zottelige Landschaftspfleger unter dem Motto „Wilder Fluss und sanfte Büffel“ die bis dahin brachgelegenen, monotonen Flächen. „Mit ihrem Appetit auf Gehölze, Brennnessel, oder das invasive Drüsige Springkraut bewahren sie die Retentionsflächen in diesem Naturschutzgebiet vor allzu starkem Bewuchs. So leisten sie passiven Hochwasserschutz – und erhöhen außerdem die Biodiversität des Gebiets“, erklärt Biologe und Projektleiter Axel Schmidt. Gemeinsam mit Landwirt Werner Altmann, Stadtrat Alexander Berger und einigen weiteren MitstreiterInnen ist er dafür verantwortlich, dass die Gemeinde Gmünd jetzt um eine Attraktion reicher ist.
Heimspiel für robuste Kerle
„Wasserbüffel sind für diese Art von Lebensraum einfach ideal“, meint Werner Altmann. Immerhin steht das Gebiet etwa fünf- bis zehnmal pro Jahr unter Wasser – und die Wasserbüffel lieben Feuchtgebiete wie bewachsene Flusstäler und kommen mit ihren Klauen auf den feuchten Böden des Überschwemmungsgebietes bestens zurecht. Sie sind außerdem unkompliziert, robust und anpassungsfähig. Klimazonen mit kalten Wintern und heißen Sommern machen ihnen kaum etwas aus. Die Büffel werden jedenfalls nach allen biologischen Richtlinien gehalten.
Ein Kreislauf, der allen schmeckt
Mit ihren stämmigen Beinen traben die Büffel über die Wiesen des Überschwemmungsgebietes. Sie machen sich wirklich gut in der natürlichen Flusslandschaft – und es dürfte ihnen schmecken. Genauso den Fledermäusen und Vögeln, die von den Insekten im Dung der Büffel angelockt werden.
Der Kreislauf schließt sich, wenn das Büffelfleisch schließlich irgendwann auch dem Menschen schmeckt. Denn das gut durchdachte Konzept sieht auch eine gastronomische Vermarktung vor. Zum einen, weil den Menschen, so meint Werner Altmann, die Regionalität ihrer Lebensmittel immer wichtiger wird. Zum anderen aber auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen. „Wir freuen uns sehr über die finanzielle Unterstützung durch Die Brennnessel“, sagt Werner Altmann. „Aber unser Ziel ist es natürlich nicht, von Förderungen abhängig zu sein. Wir wollen auf eigenen Beinen stehen.“
„Dass die Menschen das Projekt so gut annehmen und sogar extra mit Bussen anreisen, um unsere Büffel zu sehen, ist eine große Freude. So profitiert nicht nur der Naturschutz, auch die Gmündner und die Gemeinde haben etwas davon.“ - Bürgermeisterin Helga Rosenmayer, Stadtgemeinde Gmünd
Siegeszug durchs Naturschutzgebiet
Das Projekt wurde unter anderem deswegen zu einem Gewinner des Naturschutzpreises Die Brennnessel gekürt, weil es so gut durchdacht und langfristig konzipiert ist. Wie es denn in fünf Jahren hier aussehen soll, wollen wir von Werner Altmann wissen. „Unsere Vision ist es, das Projekt zu erweitern. Derzeit beweiden die Büffel rund 13 Hektar, insgesamt ist das Naturschutzgebiet aber etwa 134 Hektar groß – da gibt es also noch Potenzial. Es müssen auch nicht ausschließlich Wasserbüffel sein. Im Idealfall gibt es hier irgendwann einen eigenen Betrieb, der den Transport der Tiere überflüssig macht.“ Denn jetzt, wo der Winter vor der Tür steht, heißt es Umsiedeln für die Büffel. Sie sind zwar robust, verbringen die kalte Jahreszeit dann aber doch lieber auf dem Biohof Altmann-Kunes in Stadlberg.
Wasserbüffel-Wissen
Der Wasserbüffel (Bubalus arnee), ist die am weitesten verbreitete Art der asiatischen Büffel und gehört zur Familie der Rinder. Wasserbüffel sind ebenso sanftmütige wie imposante Tiere: Vom Kopf bis zum Rumpf können sie 3 Meter lang werden, und das bei einer Schulterhöhe von 180 cm. Wildlebende Tiere bringen es auf bis zu eine Tonne Gewicht, domestizierte Exemplare auf ungefähr die Hälfte.
Wasserbüffel leben unter natürlichen Bedingungen in Herden bis zu 30 verwandten Tieren, die von einer Leitkuh angeführt werden und auch die weiblichen Wasserbüffel tragen Hörner.
Besonders wohl fühlen sich die robusten und anpassungsfähigen Tiere in Auen und anderen Feuchtgebieten von den Tropen bis in die warmgemäßigte Zone. Sie nutzen dabei sowohl Offenland als auch lichte Wälder.