Das heißt: Im Boutiquehotel Stadthalle wird innerhalb eines Jahres durch eine Grundwasserwärmepumpe, eine Photovoltaikanlage und Solaranlage genauso viel Energie produziert, wie verbraucht.
Im Interview verrät Michaela Reitterer, warum auf ihrem Dach Lavendel wächst, wie ihre Gäste Nachhaltigkeitsziele im Schlaf erreichen und was ein alter Regenschirm damit zu tun hat.
Frau Reitterer, warum wächst Lavendel auf dem Dach Ihres Hotels?
Michaela Reitterer: Weil ich früher ganz oben gewohnt habe und darüber nachgedacht habe, worauf ich schauen will wenn ich auf das Dach des Gartengebäudes blicke. Danach stellte es sich als eine perfekte Idee heraus: Der Lavendel ist unkompliziert, verträgt die Hitze des Süddaches, ist jetzt die Heimat unserer Bienenvölker und wir haben keine Gelsen im Hotelgarten – ich hatte also intuitiv die richtige Idee.
Neben dem Lavendel findet man auch eine Solaranlage auf dem Dach Ihres Hotels. Was hat Sie dazu bewegt, in der „Steinzeit der Nachhaltigkeit“ im Jahr 2002 eine Solaranlage zu montieren?
Michaela Reitterer: Mein Schlafzimmer sollte unter dem südwestlichen Dach liegen und man wollte mir dafür eine Klimaanlage oder Kühlschlangen in die Dachhaut einreden. Ich hielt das nicht für die beste Lösung und entschloss mich, das Dach – und zwar das gesamte – mit Solarpaneelen zu belegen. So wird nicht nur die Sonne abgehalten, sondern auch noch Energie gewonnen. Und das stellte sich sehr schnell als ziemlich guter Schachzug heraus.
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War Nachhaltigkeit schon immer ein Thema für Sie?
Michaela Reitterer: Nachhaltigkeit als Begriff nicht, eigentlich ist es für mich Hausverstand. Die zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht unendlich zu vergeuden, sondern möglichst sinnvoll zu nützen, nicht mehr zu produzieren, als man benötigt, und dann auch noch Wiederverwertung ins Auge zu fassen, war für mich immer normal.
Was bedeutet es für Sie im Detail, nachhaltig zu leben?
Michaela Reitterer: Genau wie oben beschrieben und noch vieles mehr. Mehr gehen als mit dem Auto fahren – auch zu meinem eigenen Nutzen. Abfall zu trennen oder zu kompostieren – serienmäßig bei uns im Hotel. Ebenso wenig Verpackungsmaterial, nicht jedes Mal Sackerl kaufen, den Kühlschrank beim Kochen nicht offen lassen, Küchenabfälle zu kompostieren, mehr selbst zu kochen und vor allem auch alles zu verwerten und einfach die Natur zu achten – eben mit Herz und Hirn leben, auch wenn es manchmal anstrengender ist. Aber es zahlt sich aus.
Reisen bzw. Tourismus und Nachhaltigkeit – wie passt das zusammen?
Michaela Reitterer: Perfekt, denn reisen heißt ja nicht immer fliegen oder mit dem Auto fahren. Es gibt auch Urlaub im eigenen Land: Ich spreche seit Jahren vom Revival der Sommerfrische.
„Der Tourismus trägt viel zur nachhaltigen Einstellung unserer Gäste bei. Ich sage nur: Regionalität.“
Das ist ein absolutes Erfolgskonzept in Österreich, das mittlerweile immer mehr Schule macht.
Sie sind Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung – welches Potenzial hat der Tourismus in Österreich im Hinblick auf Nachhaltigkeit aus Ihrer Sicht?
Michaela Reitterer: Gerade in Österreich ein besonders Großes! Denn unser Land ist nicht nur wunderschön, es ist sauber, perfekt gepflegt und weder gentechnisch manipuliert noch gespickt mit sogenannten Megafarmen. Österreich mit seinen Bewohnern und Bewohnerinnen zeigt allen anderen, wie man nachhaltig leben kann und dass es hier die Möglichkeit für wunderbaren Urlaub gibt. Und das werden wir weiterhin so handhaben, denn der Erfolg gibt uns recht.
Was möchten Sie in dieser Funktion noch alles erreichen?
Michaela Reitterer: Ich möchte das Bewusstsein der Kolleginnen und Kollegen noch mehr schärfen, einfach mehr auf Regionalität, auf die Nutzung von alternativen Energien und auf ein ressourcenschonendes Bauen zu setzen, weil es einfach allen etwas bringt. Hier ist noch viel Luft nach oben, aber ich gebe nicht auf.
„Mit meinem Hotel kann ich nachweisen, dass sich Nachhaltigkeit auf allen Ebenen bezahlt macht.“
Wie reagieren Ihre Gäste – suchen sie aktiv nach einem nachhaltig geführten Hotel oder sind manche überrascht?
Michaela Reitterer: Sowohl als auch! Viele Gäste genießen einfach den Garten oder das Biofrühstück, ohne sich weiter für die nachhaltige Strategie dahinter zu interessieren, andere kommen vor allem wegen der Lage in der Nähe zu Westbahnhof, Stadthalle und Innenstadt. Jedem ist etwas anderes wichtig. Mir vor allen, dass die Gäste wiederkommen und uns weiterempfehlen. Jedenfalls ist die Nachfrage nach nachhaltig geführten Hotels bzw. Bio-Hotels steigend.
Was kann man mit einer Null-Energie-Bilanz eigentlich noch verbessern? Was sind Ihre weiteren Pläne?
Michaela Reitterer: Bei der Null-Energie-Bilanz gibt es laufend Optimierungen. Das System ist ja jetzt 10 Jahre alt und damals war alles bei Weitem nicht so ausgeklügelt. Unser großes Projekt für die kommenden Monate ist meine besondere Freude. Wir renovieren 17 Zimmer und widmen jedes einem ‚SDG’, also einem der von den Vereinten Nationen (UN) definierten Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals). Alle Möbel werden von Garbarage Upcycling Design gebaut. Entwickelt haben wir alles gemeinsam und es hat riesigen Spaß gemacht.
Die Möbel, Accessoires und Lampen werden Upcyclingteile sein, das heißt, wir geben Gegenständen ein neues Leben – wie zum Beispiel einem alten Regenschirm, der ein Lampenschirm und der Griff ein Garderobenhaken wird. Das ist ein unglaublich forderndes Projekt, weil wirklich jedes der 60 bis 70 Teile in einem Hotelzimmer anders ist. Aber damit können wir zeigen, was jeder selbst anhand der SDGs für diese seine Welt tun kann. Und bei uns im Boutiquehotel Stadthalle erreichen die Gäste ihre Nachhaltigkeitsziele im Schlaf.