Eigentlich haben wir uns an diesem Muttertag ja zu einem Streifzug über die Schlossinsel des Schloss Orth im Nationalpark Donau-Auen versammelt, um den Nachwuchs im Tierreich zu beobachten. Leider macht uns das nasskalte Wetter einen Strich durch die Rechnung – viele Jungtiere bleiben lieber in ihren sicheren Verstecken.
Unsere Gruppe jedenfalls lässt sich von den tief hängenden Regenwolken nicht abhalten. Dank unseres Guides gibt es auch abseits von Schildkrötenbabies, jungen Zieseln und Schlangennachwuchs vieles zu entdecken.
Und weil wir uns hier im Nationalpark Donau-Auen befinden, hat natürlich alles irgendwie mit Wasser zu tun: Von den heimischen Sumpfschildkröten über Biberspuren, den Hundsfisch – einem Experten in Sachen Anpassung – bis hin zur Unterwasserstation, die uns trockenen Fußes in eine mystische Unterwasserwelt befördert.
AU BEDEUTET NICHT UMSONST WASSERWALD!
Das Tor zur Au
„Wasser ist Leben“, sagt Nationalpark-Ranger Peter Trampota, als wir nun im mittelalterlichen Schlosshof stehen. Schloss Orth wurde ursprünglich als Wasserburg angelegt und so ist es auch das perfekte Tor zum Auerlebnisgelände. Wir lugen unter unseren Kapuzen hervor und hinauf in den grauen Himmel. Hoch über unseren Köpfen thront ein stattliches Nest. Ein Storchenpaar hat es gebaut und jetzt liegen vier Eier darin. Bleibt zu hoffen, dass die Küken weiterhin den Eisheiligen trotzen. Die frisch geschlüpften Dohlen im Nistkasten nebenan werden jedenfalls schon fleißig von ihren hektisch umherflatternden Vogeleltern mit Nahrung versorgt.
Ein trockener Fluss und sein Fan
Über eine Holzbrücke geht es auf die Schlossinsel. Schwer vorzustellen, dass der sogar nach drei Tagen Regenwetter kaum gefüllte Graben unter uns einmal ein breiter, tiefer Fluss war, auf dem Schiffe fuhren. Das war natürlich vor der Donauregulierung und so füllt sich der Fadenbach heute nur dann, wenn die Donau Hochwasser führt. Für viele Fische wird das trockene Flussbett zum Problem. „Nur einer hat seine Freude damit“, erklärt Peter. Der Hundsfisch mag schlammiges Wasser. Trocknet das Flussbett fast komplett aus, vergräbt er sich im Uferschlamm und atmet über seine Schwimmblase atmosphärische Luft.
Wo die wilden Kröten wohnen
Dabei ist er in bester Gesellschaft. Auch die letzte, seit jeher ursprünglich hier heimische Population der Europäischen Sumpfschildkröten verbringt gerne Zeit im Wasser, muss aber zum Atmen an die Oberfläche kommen. Die Jungtiere auf der Schlossinsel zeigen sich heute nicht, dafür lassen sich ein paar der älteren – Wasserschildkröten werden rund 60 Jahre alt – von Peter anlocken.
Als wir sie dann kurz streicheln dürfen, merken wir, welche Kraft in ihren kleinen Beinchen steckt. Die Schildkröten hier auf der Schlossinsel wurden alle von Hand aufgezogen. Sie sind zwar in den Donau-Auen heimisch, aber schwer zu entdecken: Nähern wir uns wildlebenden Wasserschildkröten bis auf 200 Meter, bekommen sie das mit und verstecken sich. Im Teich der Schildkröten schauen auch immer wieder ein paar Kröten vorbei. Die leben hier allerdings gefährlich: Wasserschildkröten sind im Gegensatz zu Landschildkröten nämlich Carnivoren, also Fleischfresser, und haben nichts gegen ein paar kräftige Krötenschenkel.
Abgetaucht
Entlang des Teichs spazieren wir weiter. Am Ufer wachsen saftige Pflanzen und Kräuter, wie zum Beispiel das Fleischfarbene Knabenkraut, Seifenkraut, oder die Rossminze. Und immer wieder deutet Peter auf sogenannte Biberrutschen – hier rutscht der Biber nach seinem Kräuter-Snack in den Teich. Peter erklärt uns noch, warum wir bei Kräutern, die „Ross“, „Schaf“ oder „Wolf“ im Namen tragen, lieber vorsichtig sein sollten: „Meistens ist das abwertend gemeint und ein Hinweis darauf, dass diese Kräuter ungenießbar oder sogar giftig sind“, sagt er. Weil unser Ranger Peter nicht nur ein Experte für Aulandschaften ist – er war an der Planung und Durchführung der Hainburger-Au-Besetzung beteiligt – sondern noch dazu ein Fachmann in Sachen Flora, bekommen wir jetzt einen besonders wichtigen Tipp.
HOCHAKTUELL NÄMLICH IST DIE FRAGE: "WIE UNTERSCHEIDE ICH DEN BELIEBTEN BÄRLAUCH VOM GIFTIGEN MAIGLÖCKCHEN?"
Das verlässlichste Merkmal ist laut dem Nationalpark-Ranger der seidige Glanz auf der Blattunterseite des Maiglöckchens. Dagegen sieht der Bärlauch etwas blass aus. Was ich auch noch nicht wusste: Gleich machen wir es wie der Biber und gehen auf Tauchstation.
Wieder aufgetaucht, empfängt uns das Wasser auch von oben. Es nieselt. Die Tiere und Pflanzen hier im Nationalpark Donau-Auen freut’s. Au bedeutet eben nicht umsonst Wasserwald – und Wasser ist Leben.
Der Nationalpark Donau-Auen
Neugierig geworden, was so los ist in der Au? Gut, dass dieser einzigartige Lebensraum für viele von uns im Osten Österreichs fast vor der Haustüre liegt.
- Der Nationalpark Donau-Auen erstreckt sich auf 93 km² und schützt eine der letzten großen, weitgehend intakten Aulandschaften Mitteleuropas.
- Au bedeutet Wasserwald. Die Donau-Auen stellen ein Mosaik an Wasser- und Landlebensräumen dar.
- Hier findet eine enorme Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten ein zu Hause: Weit über 800 höhere Pflanzen, über 30 Säugetier- und 100 Brutvogelarten, rund 60 Fisch-, 8 Reptilien- und 13 Amphibienarten wurden nachgewiesen: darunter zum Beispiel die stark gefährdete Würfelnatter, der seltene Eisvogel, die Europäische Sumpfschildkröte oder der bereits als ausgestorben erklärte Hundsfisch.
- Die Donau: Von Deutschland kommend, durchfließt die Donau Österreich auf rund 350 km Länge, um dann auf ihrem Weg ins Schwarze Meer viele weitere europäische Staaten zu passieren.