Federn sind ein Meisterwerk der Natur, ihre Vielfalt an Formen, Funktionen und Farben kennt keine Grenzen. Eine gefundene Feder dem richtigen Vogel zuzuordnen ist daher nicht so leicht wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Wildtierökologe und Federexperte Benjamin Knes weiß genau, worauf es beim Federbestimmen ankommt und gibt entscheidende Tipps.

Daunenfedern, Konturfedern, Borstenfedern, Fadenfedern, Federn der Armschwingen, der Handschwingen, der Arm- und Handdecken, des Stoßes, der Oberschwanzdecken, des Rückens, Prachtkleid, Farben, Geschlecht und Alter der Vögel… tja, das mit dem Federbestimmen hat es ganz schön in sich. Deswegen beginnt Benjamin Knes seinen Workshop, den er auf Einladung von BirdLife Vorarlberg im INATURA in Dornbirn hält, auch gleich mit einem Zitat des Schweizer Biologen, Zoologen, Anthropologen und Naturphilosophen Adolf Portmann:

„Unter den vielen Strukturen, welche wesentlich die sichtbare Gestalt der Tiere bestimmen, gibt es wohl keine, die das Gefieder der Vögel an Kompliziertheit des Aufbaus und der Formwandlung überträfe.“

Benjamin Knes, Wildtierökologe und Federexperte leitet den Kurs auf Einladung von Birdlife Vorarlberg © Christina Schwann

Kleiner Exkurs in die Evolution der Feder

Die Wissenschaft vermutet, dass sich Federn aus Reptilienschuppen entwickelt haben. Schließlich lassen sich unsere heutigen Vögel auf die Theropoden – also Echsenbeckensaurier – zurückverfolgen. Fossile Funde bestätigen, dass diese ersten Vögel bereits Federn besaßen. Tatsächlich tauchen immer wieder neue Funde auf und die Theorie, dass weit mehr Dinosaurier Federn besaßen als ursprünglich angenommen, erhärtet sich zunehmend. Dabei nimmt man an, dass diese ersten Federtypen weniger dem Fliegen, als vielmehr der Wärmeisolation, der Tarnung oder als Schmuck dienten.

Erst beim Archaeopteriyx lithographica, der vor 150 Millionen Jahre auf unserem Planeten lebte und als DER Urvogel gilt, konnte man Deckfedern und asymmetrische Schwungfedern nachweisen.

Im Laufe der Evolution entwickelte sich die Feder immer weiter und ist heute ein absolutes Meisterwerk der Natur. Sie besteht aus Keratin und ist sehr widerstandsfähig. Je nach Funktion ist sie unterschiedlich ausgebildet und dient bei Weitem nicht nur dem Fliegen, sondern auch der Wärmeisolation (Daune), der Tarnung oder dem Schmuck, manchmal auch als Waffe und als Instrument.

Konturfedern werden hauptsächlich zur Bestimmung herangezogen © Christina Schwann

In 6 Schritten eine Feder bestimmen:

1) Bestimmung des Federtyps

Findet man eine Feder, sollte man zuerst einmal zuordnen können, um welchen Federtyp es sich handelt. Jeder Typ erfüllt eine gewisse Funktion weist daher seine ganz spezielle Form auf.

„Jeder Feder ihre Funktion.“

Daunen oder Dunen

Daunen - oder auch Dunen genannt - sind klein und flauschig, sie haben einen kurzen Schaft und ihre Strahlen sind nicht miteinander verbunden. Sie sitzen unter den Konturfedern direkt am Körper und dienen der Wärmeisolation. Generell haben Vögel im Winter mehr Federn als im Sommer, Vögel aus arktischen Regionen weisen ein besonders dichtes Federkleid auf.

Halbdunen

Halbdunen stellen eine Übergangsform zwischen Daunen und Konturfedern dar. Sie befinden sich am Ende von Federfluren.

Puderdunen

Vor allem Papageien und Reiher besitzen diese Spezialfeder, die ständig nachwächst, am oberen Ende zerfällt und der Gefiederpflege dient - ähnlich der Bürzeldrüse, die ein fetthaltiges Sekret abgibt.

Borstenfedern

Das sind lange Federn, die nur im unteren Bereich daunenartige Strahlen haben. Sie sehen aus, wie Schnurrhaare bei Katzen und dienen tatsächlich demselben Zweck: der Wahrnehmung feinster Luftverwirbelungen in unmittelbarer Nähe.

Fadenfedern

Diese Art der Feder ist noch wenig erforscht. Offensichtlich stellt sie aber eine Verbindung zu den Nerven her, sodass der Vogel jeglichen Reiz auf seinem Federkleid sofort bemerkt.

Konturfeder

Das sind die typischen Federn, die dem mechanischen Schutz und dem Fliegen dienen und vor allem auch die Gefiederfärbung tragen. Aus diesem Grund kommt den Konturfedern für das Bestimmen die größte Bedeutung zu.

 

 

2) Bestimmung der Lage der Feder am Vogel

Nachdem jede Feder eine spezielle Funktion hat, hat sie auch ihren speziellen Platz am Vogel. Je nachdem, wo sie liegt, weist sie ihr typische Form auf, wie zum Beispiel das Verhältnis Außen- und Innenfahne, ihre Krümmung oder die Ausformung der Spitze.

„Jeder Feder ihren Platz.“

 

Die Konturfedern werden daher nach ihrer Lage noch einmal separat unterteilt:

Handschwingen

Handschwingen weisen eine schwache Krümmung auf und haben oft eine ganz typische Verengung der Fahne nach oben hin, wobei die Außenfahne nach innen breiter wird. Auch laufen sie spitzer zu als etwa die Armschwingen und haben kaum Basisbedunung.

Armschwingen

Armschwingen sind meist etwas stärker gekrümmt, die Außenfahne ist üblicherweise recht schmal. Die Spitze läuft eher rund aus und normalerweise werden sie zum Körper hin kürzer. Bei den letzten Armschwingen – den Schirmfedern – ist allerdings die Außenfahne oft breiter als die Innenfahne. Bei einigen Vogelarten, wie etwa bei Stelzen oder Limikolen, ist die erste Schirmfeder noch mal deutlich länger als die letzte Armfeder.

Steuer- oder Stoßfedern

Sie bilden den Schwanz des Vogels und sind in Form und Gestalt äußerst variabel. Legt man sie geordnet auf, fällt auf, dass das Außenfahnenverhältnis nach innen kleiner wird. Auch haben sie meist eine Biegung im Profil der Spule und einen Knick oberhalb der Spindel.

Deckfedern

Die Deckfedern liegen auf den Arm- und Handschwingen. Sie werden in die Handdecken und die Armdecken unterteilt, sowie in die oberen und unteren Schwanzdecken. Eine Sonderform sind außerdem die Alula, zwei bis drei Federn pro Seite, die praktisch am Daumen ansetzen – daher auch der Name „Daumenfittich“. Sie sind starr und spitz und besonders gut ausgeprägt bei Vögeln, die in der Luft „stehen“ können, wie etwa der Falke.

 


3) Bestimmung nach der Gefiederfärbung

 

„Jeder Feder ihre Farbe.“

 

Im Laufe der Evolution haben Vögel eine unglaubliche Vielfalt an Farben hervorgebracht. Dabei kommen verschiedene Farbtypen zum Einsatz – man spricht von Pigmentfarben, Strukturfarben, Haft- oder Schminkfarben. Besonders imposant sind die so genannten Strukturfarben, bei denen mikroskopisch kleine Strukturen auf der Federfahne durch Licht, Lichteinfall und Lichtbrechung die wunderschönsten, schillernsten Farben erzeugen

Bei der Bestimmung nach der Färbung muss man allerdings auch das Alter der Vögel (juvenile Färbungen, z.B. viele Greifvogelarten), das Geschlecht (Prachtkleid, Tarnkleid), die Jahreszeit (z.B. Entenerpel im Sommer braun) sowie die Lebensart (z.B. Bartgeier reibt sich mit roter Erde ein) berücksichtigten.

 

4) Bestimmung nach Familienmerkmalen

Manche Familien weisen spezielle Merkmale auf, die bereits eine grobe Zuordnung zulassen - immerhin eine kleine Erleichterung.

Glanzfleck

Vor allem bei Enten- und Gänsevögel weisen die Handschwingen auf der Unterseite einen so genannten Glanzfleck auf. Richtig ins Licht gehalten, kann man diesen gut erkennen. Er verleiht der Feder eine Extraportion an Stabilität, da Enten und Gänse meist recht schwer sind.

Gezahnte Außenfahne

Nachtaktive Jäger wie der Uhu sind auf einen lautlosen Flug angewiesen. Die Federn von Eulen haben daher an der Außenfahne eine typische Zahnung, die für eine Luftverwirbelung sorgt. Sieht man sich die Feder unter dem Auflichtmikroskop an, wird der Unterschied zur herkömmlichen Feder besonders deutlich.

Starre Steuerfeder

Spechtarten haben ganz besonders starre Steuerfedern, mit denen sie sich während des Klopfens am Baum abstützen. Diese Federn sind so eindeutig, dass sie sofort der Familie der Spechte zugeordnet werden können.

Afterfeder

Alle Hühnervögel weisen so genannten Afterfedern auf – eine kleine zusätzliche Feder, die an der Hauptfeder angehängt ist.

Verlängerte Schirmfeder

Diese verlängerten Schirmfedern haben nur Singvögel wie die Lerche, der Piper oder die Stelze.

Erpellocke

Die typische lockenähnliche Schwanzfeder kommt nur bei Stockenten vor.

 

5) Bestimmung nach Fundort

Kennt man den Fundort und weiß man in etwa, welche Arten hier vorkommen, kann man meist die Feder schon grob zuordnen.

 

6) Bestimmung mit Hilfe des Internet

Wenn du über all dieses Basiswissen verfügst und ein wenig Übung hast, hast du gute Voraussetzungen, die Feder dem richtigen Vogel zuzuordnen. Wenn alle Stricke reißen, oder du dich schlicht vergewissern willst, dann wirf einen Blick auf die diversen Federbestimmungsseiten im Internet. (z.B.: www.featherbase.info, www.federn.org, www.gefiederkunde.de, ... ).

Sammeln von Federn

„Nicht jede Feder darf man einfach mitnehmen. “

Rechtliche Situation beachten

Hier kommen die jeweiligen Natur- und Jagdgesetze der Länder zum Tragen, aber auch das Washingtoner Artenschutzabkommen oder die EU Vogelschutzrichtlinie. Jagdbare Arten, auch wenn sie ganzjährige geschont sind, stehen im Eigentum des Jagdberechtigten. Streng genommen darf nicht einmal eine Feder eines solchen Tieres mitgenommen werden – schon gar nicht ganze tote Vögel! Hierzu bedarf es ohnehin immer einer Ausnahmebestimmung.

Vögel haben Vorrang

Keinesfalls darf man beim Sammeln von Federn – speziell an Mauser-, Rupf- oder Brutplätzen – die Vögel beunruhigen oder gar vertreiben.

Rechte des Grundeigentümers respektieren

Will man Privatgrund betreten, so empfiehlt es sich jedenfalls, mit dem Grundeigentümer Kontakt aufzunehmen.

Handel verboten

Der Handel mit Vogelfedern ist verboten! Auch sollte man niemals Federn kaufen, schon gar nicht aus dem Ausland. Ist die Herkunft nicht genauestens dokumentiert und gibt es dafür ein Zertifikat, könnte es sich auch um ein illegal geschossenes Tier handeln.

Die Federn des Rebhuhns aus der Sammlung von Benjamin Knes © Christina Schwann

Achtung Milben!

Federn an sich sind mehrere Tausend Jahre haltbar – vorausgesetzt man behandelt sie richtig.

Säubern

Ist eine Feder offensichtlich mit Sand, Erde oder gar Blut verschmutzt, sollte man sie unbedingt mit lauwarmen Wasser, eventuell mit etwas Haarshampoo, reinigen und - wie Benjamin Knes betont - immer föhnen.

„Alle meine Federn werden geföhnt."

Aufbewahrung

Um Federn vor einem Schädlingsbefall durch z.B. Milben zu schützen, sollte man sie luftdicht aufbewahren. Profis wie Benjamin Knes kleben die Federn auf einen grauen Karton, der in einer luftdicht verschlossenen Klarsichtfolie aufbewahrt wird. So kann man die Federn übersichtlich und beschriftet jederzeit anschauen und für die Ewigkeit aufbewahren. Die großartige Sammlung von Benjamin Knes wird man z.B. demnächst im Kulturhistorischen Museum in Wien bewundern können!

(Autorin: Christina Schwann)

 

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