1Der Attersee ist der größte österreichische See
Na ja, zumindest mit ein bisschen gutem Willen… Fest steht: Der Attersee ist lang. 20 Kilometer nämlich. Aber auch ziemlich schmal: höchstens dreieinhalb Kilometer. Das lässt den langgestreckten See ein bisschen aussehen wie der italienische Stiefel, allerdings ohne High Heels am Südende. Und weil er so schmal ist, hat der Attersee auch „nur“ 46 Quadratkilometer Wasserfläche.
Damit sind Neusiedler See und Bodensee deutlich größer. Aber beide liegen zum Teil auch auf ausländischem Staatsgebiet– der Neusiedler See in Ungarn, der Bodensee in Deutschland und der Schweiz. Somit ist der Attersee der größte See, der sich zur Gänze in Österreich befindet. Womit doch noch ein Größen-Superlativ für den Attersee gefunden wäre.
2Der Attersee ist (auch) ein Salzburger
Den Attersee verbinden viele mit Oberösterreich. Was grundsätzlich auch stimmt. Ein kleines, etwa 5 km langes Stück des Südufers gehört jedoch zum Bundesland Salzburg. Wobei die Betonung auf „Ufer“ liegt. Das Seewasser selbst befindet sich zur Gänze in Oberösterreich. Das eröffnet Badegästen ungeahnte Möglichkeiten: Beim Kopfsprung in einem Bundesland abspringen und im anderen eintauchen – wo sonst geht das?
3Für die Farbe des Attersees ist der Mondsee (mit)verantwortlich
Je nach Wetter schimmert der Attersee in verschiedenen Farben: von grau über silbrig bis zu golden. Häufig zeigt er sich auch in leuchtendem Türkis. Dieses intensive Blaugrün wird durch Plankton-Algen und Kalkkristalle bewirkt. Aber auch vom sehr klaren Wasser. Das kommt u. a. daher, dass der Mondsee dem Attersee „vorgeschaltet“ ist. Der Mondsee wirkt dabei sozusagen als „Absetzbecken“: Schwebstoffe sinken dort im Wasser nach unten. Dann fließt das „geklärte“ Wasser über den Verbindungsbach, die Seeache, in den Attersee.
Das überaus klare Wasser in Trinkwasserqualität ermöglicht Sichttiefen von über 20 Metern. Nicht zuletzt deswegen ist der Attersee eines der beliebtesten Tauchreviere im Salzkammergut.
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Aktiv werden:
Du willst mehr erfahren über den Attersee und seine Pfahlbauten? Dann bist du bei folgender „Naturschauspiel“-Führung richtig!
„Pfahlbau am Attersee – Schiffsexpedition in die Steinzeit
Auf einer Schiffsexpedition erkundest du den nördlichen Attersee. Du erfährst interessante Geschichten über Entstehung und Natur des Attersees. Beim Landgang in Seewalchen begibst du dich auf die Spuren der ersten Siedler am Attersee und staunst über originale Pfähle, Steinwerkzeuge, Pfeilspitzen und einen faszinierenden Steinzeit-Bohrapparat.
Beim „Kids-Special“-Angebot werden Steinzeitmesser, Pfeile oder Steinzeitdolche gebastelt. Die Kinder werden in einer eigenen Gruppe betreut.
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4Im Attersee ist ein Berg versteckt
Der Attersee verdankt sein Bestehen der letzten Eiszeit. Damals schürfte der Traungletscher die Seewanne aus. Und die ließ sich anschließend so richtig volllaufen – bis zu 169 Meter tief. In der Nähe der Ortschaft Nussdorf ist der See immerhin 120 Meter tief. Und genau dort ragt ein Unterseeberg 70 Meter in die Höhe: der Laichberg. Noch 50 Meter mehr und es hätte zur Insel gereicht… So aber bleibt der Laichberg unter dem Wasserspiegel – und für die meisten unsichtbar.
5Der Attersee schafft sich ab
Man erkennt es gut auf Landkarten: Wo Bäche in den Attersee münden, bilden sich Schwemmkegel. Dort schiebt sich das Land immer weiter in den See hinein. Durch das Gestein, das die Zuflüsse ständig in den Attersee spülen, wird seine Wanne langsam wieder aufgefüllt. Solange, bis er komplett eingeebnet und damit verschwunden ist. Bis dahin hat der Attersee aber noch ca. 500.000 Jahre Zeit.
6Am Attersee wachsen Wein und Maroni
Die angestammte Heimat der Edelkastanie (Esskastanie) ist der Mittelmeerraum. Denn grundsätzlich liebt dieser Baum die Wärme. Aus dem Süden tasten sich vereinzelt Edelkastanien bis zum Alpensüd- und -ostrand vor. Dort ist Schluss – zu kalt. Nur Unterach am Attersee tanzt aus der Reihe: Auf den Sonnenhängen oberhalb des Sees ist das Kleinklima dermaßen günstig, dass Edelkastanien ihre volle Reife erlangen. Sogar Wein gedeiht dort.
Unterachs Edelkastanienwald, der angeblich auf die Römer zurückgeht, ist somit das einzige größere Vorkommen nördlich der Alpen. Zwar sollen auch in Deutschland vereinzelt Edelkastanien wachsen. Zu einem richtigen Wald mit stattlichen, über 300 Jahre alten Baumpersönlichkeiten reicht es jedoch nur in Unterach. Das behaupten zumindest die Einheimischen. Sie feiern jedes Jahr im Oktober ihre botanische Anomalie mit einem Kastanienfest. Dabei kommen kulinarische Köstlichkeiten aus den Früchten (= „Maroni“) auf den Tisch: Vom Kastaniengeschnetzelten über Maroni im Speckmantel bis zu Maroni-Pancakes. Runtersgepült wird mit Maronibier oder Maronilikör.
7Im Attersee leben zwei ganz spezielle Fische
Am Attersee gibt es heute noch etwa 15 BerufsfischerInnen. Sie fangen Hechte, Forellen, Saiblinge oder Reinanken. Die werden anschließend in Gasthäusern am Attersee zu regionalen Spezialitäten zubereitet.
Zwei Fischarten sind für die FischerInnen jedoch tabu: Seelaube und Perlfisch.
Die Seelaube (Mairenke) kommt nur in wenigen Seen Bayerns, Kärntens und des Salzkammergutes vor, insbesondere im Attersee und im Mondsee. Diese beiden Seen beherbergen auch die bedeutendsten Bestände des Perlfisches in Europa. Um diese seltenen Fischarten – und zwei spezielle Wasserlebensräume – zu erhalten, wurde der Attersee (samt Mondsee und einigen Zuflüssen) zum Europaschutzgebiet erklärt.
Und hier kommen die Ufer des Attersees ins Spiel.
8Die Atterseeufer sind heiß begehrt
Seelauben und Perlfische unternehmen im Frühjahr einen „Hochzeitsmarsch“. Dabei wandern sie an die Seeufer oder in Zu- und Abflüsse des Sees. Dort laichen sie im seichten Wasser über Kiesgrund ab. In diesen „Kinderstuben“ verbringen die Jungfische ihre ersten Lebensmonate.
Viele Laichgewässer und „Kinderstuben“ sind für die Fische heute jedoch nicht mehr erreichbar. Weil z. B. Wehre den Weg dorthin versperren. Weil flache, kiesige Ufer durch glatte Uferverbauungen aus Stein oder Beton ersetzt wurden. Oder weil Badegäste die Fische aus den Flachwasserzonen vertreiben. Geeignete Seelauben-Laichplätze machen am Attersee gerade einmal einen Kilometer Uferlänge aus – von etwa 50 Kilometern gesamt.
Daher haben das Land Oberösterreich, die Bundesforste, die Gebietsbetreuung des Europaschutzgebietes und private GrundeigentümerInnen die Fischlebensräume am Attersee verbessert: Seeufer wurden naturnäher gestaltet, Zubringerbäche wie die Seeache besser zugänglich gemacht (z. B. durch sogenannte „Fischtreppen“). Davon profitieren nicht nur Seelaube und Perlfisch, sondern auch etliche andere der 24 Fischarten, die im Europaschutzgebiet vorkommen. Mehr als die Hälfte von ihnen gelten in Oberösterreich als gefährdet.
9Die Pfahlbauten am Attersee standen gar nicht im See
Schon in der Jungsteinzeit siedelten Menschen am Attersee. Sie befuhren den Attersee mit Einbäumen und errichteten Pfahlbauten, wie auch am benachbarten Mondsee. Diese Häuser auf Holzpfählen versanken jedoch später durch einen Anstieg des Wasserspiegels im Attersee. Die Überreste der Siedlungen wurden vom Schlamm am Seegrund bedeckt, teilweise „luftdicht“. Dadurch blieben auch Materialien gut erhalten, die normalerweise schnell verrotten: Holz, Stoffe, ja sogar Essensreste.
Seit 2011 gehören drei der mehr als 30 Pfahlbaustätten am Attersee zum UNESCO-Welterbe. Sie stehen somit auf einer Stufe mit der Chinesischen Mauer, den Pyramiden von Gizeh und Schloss Schönbrunn. Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht standen die meisten der Attersee-Pfahlbauten jedoch nicht direkt im Seewasser, sondern am Ufer, das höchstens bei Hochwasser überflutet wurde.
Über die Epoche der Pfahlbauten kannst du dich heute auf speziellen Führungen informieren. Ebenso u. a. in den Pfahlbaupavillons in Seewalchen und Attersee oder im Pfahlbaumuseum in Mondsee.
Und alle zwei Jahre findet das Pfahlbau-Seefest in Seewalchen statt (heuer am 3. 8. 2019). Dabei fahren auch Teams in historischen Einbäumen in einer Regatta um die Wette.
10Die Sommerfrische wurde am Attersee (mit)erfunden
Zur Belle Époque, um die Wende zum 20. Jahrhundert, pilgerten die Städter mit Sack, Pack und Personal mehrere Monate aufs Land. Zumindest jene, die es sich leisten konnten. Die „Sommerfrische“ war geboren. Ihr Ziel: sich zu erholen, die Sommermonate in Muße zu verbringen. Kurzum: Genau das zu tun, wovon heute wieder viele träumen – Tempo rausnehmen.
Zum Sehnsuchtsort der Sommerfrischler schlechthin entwickelte sich das Salzkammergut. Adel und Industrielle versammelten sich gerne zwischen Traunsee und der Kaiserresidenz in Bad Ischl – ein bisschen Sehen und Gesehenwerden beim Kaiser schadete sicher nicht. Das Bürgertum hingegen verbrachte mit Vorliebe die Sommermonate am Attersee. Auch Intellektuelle und Künstler – etwa die beide „Gustave“, Klimt und Mahler. Und die Region sprang dankbar auf den Trend auf: Schon 1892 wurde ein „Verband zur Hebung der Sommerfrischen am Attersee“ gegründet. Heute würde man den „Tourismusverband“ nennen. An die goldene Zeit der Sommerfrische erinnern noch heute prächtigen Villen, die wohlhabende Städter am Attersee errichten ließen.
Apropos Villen: Reste prunkvoller römischer Villen legen nahe, dass Klimt & Co bei weitem nicht die ersten waren, die auf die Idee mit der Sommerfrische kamen…