In den Zillertaler Alpen gibt’s nicht nur felsige Dreitausender und eisige Gletscherzungen. Ganz unten im Tal entdeckt man mit viel Glück einen raren Verwandlungskünstler: den Smaragdgrünen Regenwurm.

Unsere Geschichte beginnt mitten im Tiroler Wald. Und mit einem Paukenschlag. Wir schreiben das Jahr 2018, angehende NaturführerInnen absolvieren ihre Ausbildung im Zillertal. Und sie staunen nicht schlecht, als sie in einem vermodernden Buchenstrunk einen echten Exoten entdecken: den Smaragdgrünen Regenwurm.

 

Kollateralnutzen: A (small) star is born

Regenwurm-ExpertInnen nennen diese sehr seltene Tierart zungenbrecherisch „Allolobophora smaragdina“. Sie war zuvor eher aus Salzburg, Kärnten, dem nördlichen Italien, Slowenien und Kroatien bekannt. Seit jenem denkwürdigen NaturführerInnen-Lehrgang ist nun also das Zillertal das westlichste bekannte Vorkommen in Österreich. Ein wissenschaftlicher „Kollateralnutzen“ der Ausbildung, mit dem niemand gerechnet hätte.

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Smaragdgrüner Regenwurm

Immergrün geht anders: ein echter Verwandlungskünstler

Und der zylinderförmige Winzling treibt es bunt. Er ist ein echter Verwandlungskünstler, ein Paradiesvogel der Unterwelt – sozusagen der Andre Agassi der Ringelwürmer. „Der Smaragdgrüne Regenwurm wechselt seine Farbe im Laufe des Lebens mehrfach“, weiß Katharina Weiskopf, Naturparkbetreuerin im Hochgebirgsnaturpark Zillertaler Alpen:

„Als Baby ist der Regenwurm rosarot, im Alter von einem Jahr dann violett. Später kann er wieder andere Farbtöne annehmen, z. B. gelb, rot oder grün."

"Mit zwei bis drei Jahren färbt sich das geschlechtsreife Tier schließlich wunderschön leuchtend smaragdgrün – vor allem im Frühling“, ergänzt Katharina. Manche mögen jetzt einwenden, so viele Outfit-Wechsel kriegen Helene Fischer oder Elton John bei einem einzigen Auftritt hin. Stimmt schon. Aber für einen Ringelwurm ist derart viel Wandlungsfähigkeit trotzdem keine üble Leistung.

Buchenwald im Geschützten Landschaftsteil "Glocke", Zillertal

Geheimniskrämer: Er lebt und lässt uns im Dunkeln

Und wozu der Farbwechsel? Nun, so ganz ist das bisher nicht geklärt. Man weiß noch recht wenig über diesen verborgenen Exoten. Er scheut die Öffentlichkeit. Fest steht aber: Auch dieser Regenwurm ist ein ziemlich nützliches Tierchen. Er macht, was Regenwürmer eben so machen: den Boden verbessern.

Auch wenn er Lebensweise und Vorlieben nicht an die große Glocke hängt: Es ist kein Zufall, dass der Smaragdgrüne Regenwurm gerade im Geschützten Landschaftsteil „Glocke“ gefunden wurde.

Waldinsel: In der Glocke ist der Wurm drin

Das kleine Schutzgebiet der „Glocke“ befindet sich ganz unten im Tal, in Finkenberg, auf etwa 850 Metern Seehöhe. Es liegt außerhalb der Naturparkfläche, wird aber trotzdem von der Naturparkverwaltung mitbetreut. Katharina Weiskopf erzählt:

„Den Smaragdgrünen Regenwurm haben wir nur in der Glocke entdeckt, nirgends sonst."

„Obwohl wir 422 Quadratkilometer Naturparkfläche haben. Aber nur hier im Tal findet er optimale Lebensumstände vor. Er braucht artenreiche Mischwälder, vor allem mit Buchen – und weiter oben am Berg haben wir schlicht keine Buchen mehr.“ Wichtig ist auch, dass der Wald genügend Totholz aufweist. Das nutzt der Smaragdgrüne Regenwurm gerne als Lebensraum, dort findet er seine Nahrung. Fichten dagegen schätzt er gar nicht.

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Rotbuche

Laubwaldförderung: Es werde Licht!

Da trifft es sich gut, dass der Naturpark Zillertaler Alpen gerade ein Naturschutzprojekt umsetzt, gefördert von Blühendes Österreich. Dabei soll der Wald in der „Glocke“ nicht nur strukturreicher werden, zum Beispiel durch gestufte, vielfältige Waldränder. Ziel ist auch, seltene Laubgehölze zu fördern, etwa Vogelkirsche, Gemeiner Schneeball, Heckenkirsche – vor allem aber die einzigartigen Linden- und Buchenbestände.

Daher geht es der Fichte an den Kragen. Sie nimmt in der „Glocke“ überhand, raubt den Linden das Licht zum Wachsen. „Wir entfernen daher Fichten aus dem Wald“, erklärt Katharina Weiskopf. „Und zwar naturschonend mit einem speziell ausgebildeten Pferd, einem sogenannten ‚Rückepferd‘. Zusammen mit den Schulkindern aus Finkenberg und Mayrhofen pflanzen wir dann Laubbäume nach.“

 

Lindenblätter in Händen

Von der Lebensraumverbesserung profitieren zahlreiche Tierarten – auch der Smaragdgrüne Regenwurm. Und wäre er nicht (meistens) grün, würde der publicity-scheue Bodenbewohner vermutlich erröten wegen so viel Aufmerksamkeit, die ihm zuteilwird.

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