Lediglich Gletscher und Höhlen sowie viele Gewässer und technische Biotoptypen bieten für Falter keinen Lebensraum. Ausgedehnten, weitgehend natürlichen und vereinzelt sogar ursprünglichen alpinen Biotopen oberhalb der Waldgrenzen stehen in tieferen Lagen weitgehend anthropogen geprägte Lebensräume gegenüber.
Je stärker der noch vorhandene Wildnischarakter, desto günstiger ist die Situation für viele Schmetterlinge.
Die alpinen Regionen im Westen sind gegenüber dem ostösterreichischen Flachland deutlich weniger anthropogen beeinflusst. So finden sich zum Beispiel in der Gemeinde Tschagguns (Vorarlberg) noch 53 Prozent natürliche oder sogar ursprüngliche Biotope, während dieser Anteil in Gebieten des niederösterreichischen Weinviertels nur mehr bei drei bis fünf Prozent liegt! Dementsprechend günstig sind
die Rahmenbedingungen für die meisten Schmetterlingsarten oberhalb der Waldgrenze, wenngleich auch hier zunehmender Nutzungsdruck zum lokalen Verschwinden von Populationen führen kann.
Auf Grund der signifikanten Artenabnahme mit steigender Meereshöhe sind jedoch gerade die artenreichsten Tagfalterlebensräume auf das Flach- und Hügelland konzentriert und somit in den besonders
bedrohten Gebieten zu finden.
Tagfalter sowie einige Nachtfaltergruppen leben bevorzugt in extensiv genutztem, traditionell bewirtschaftetem Grünland oder in naturnahem Offenland. Nährstoffarme Halbtrockenrasen und Trockenrasen, Streuwiesen und Bergmähder sowie subalpine Weiderasen zählen zu den wichtigsten nutzungsgeprägten Tagfalterlebensräumen. Hinzu kommen weitgehend natürliche Rasengesellschaften oberhalb der Waldgrenze oder auch Lawinengräben. Stärker gedüngte, intensiv genutzte Wiesen und Weiden sind hingegen durchwegs minderwertige Schmetterlingslebensräume.
Waldrandbereiche mit einer naturnahen Struktur einschließlich Gebüschen und blütenreichen Waldsäumen sowie Heckenzeilen sind weitere für Tagfalter wichtige Lebensräume, manche angepasste Arten können sich sogar im Siedlungsbereich entwickeln, das ist aber die Ausnahme.
Nachtfalter können dank ihrer viel größeren Artenvielfalt und damit zusammenhängender unterschiedlichster Anpassungsstrategien viel mehr Biotoptypen besiedeln.
Wälder jeglicher Art sind ein wichtiger Lebensraum für viele Nachtfalter, wobei die Artenvielfalt im Pflanzenbewuchs und eine kleinräumig unterschiedliche Altersstruktur des Gehölzbestandes weitgehend gleichbedeutend mit einer Zunahme der Schmetterlingsvielfalt sind. Intensive Bewirtschaftung bis hin zur Monokultur verursacht daher eine drastische Verarmung. Besonders wichtig für zahlreiche Nachtfalter sind artenreiche Waldränder und natürlich das extensive Grünland.
Speziallebensräume wie Moore werden zunehmend artenarm, bieten aber einigen besonders gefährdeten Arten die Lebensvoraussetzungen.
Selbst in Gewässern finden sich wenige Schmetterlingsarten und mit dem Finsteren Alpenspanner zählt auch der Höhenrekordhalter der österreichischen Schmetterlinge zu den tagaktiven Nachtfaltern. Schuttfluren von etwa 2.000 bis 3.500 Metern sind sein Lebensraum.
Dieser Beitrag stammt aus der Publikation "Ausgeflattert I - der stille Tod der österreichischen Schmetterlinge". Die Broschüre ist kostenlos als pdf verfügbar.
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