In Österreichs Höhlen nimmt das Leben seinen Lauf – aber was flattert, kriecht und wächst da eigentlich im Verborgenen? Von Fledermausmumien und pelzigen Hufeisennasen, einem auf Hochglanz polierten Bärenfriedhof, Pilzgeflechten und blinden Käfern mit großem Mundwerkzeug.
Kalt, feucht, finster, stickig. Wer will da schon leben? Oder besser gefragt – wer kann da schon leben? Mit verlängerten Fühlern, Tasthaaren und gut ausgebildeten Geruchswerkzeugen lässt es sich als Spinne, Springschwanz oder Taußenfüßer aber offensichtlich auch im Untergrund ganz gut über die Runden kommen.
Höhlen gelten als besondere, natürliche Schutzräume, abgeschirmt von vielen Einflüssen wie Sonne, Schnee und stark wechselnden Temperaturen. Immer wieder werden neue Höhlen entdeckt, wird von ein paar mutigen Höhlenforschern Neuland betreten. Wie zum Beispiel im Nationalpark Kalkalpen, wo einige Forscher spannende und vielleicht auch etwas schaurige Funde machen. Denn wo gelebt wird, wird bekanntlich auch gestorben ...
Kopfüber im Bullenschacht
Als man die Klarahöhle im Nationalpark Kalkalpen im Jahr 2003 erkundete, wurden mehrere hundert Fledermausmumien gefunden. Insgesamt waren es sechs verschiedene Arten, allerdings wurden bei den Begehungen nur sieben lebendige Fledermäuse entdeckt.
Im nahe gelegenen Bullenschacht konnten im Spätherbst dafür bis zu 80 Tiere gezählt werden – diese Höhle ist offensichtlich ein wichtiges Winterquartier für die Kleinen Hufeisennasen. Jahrzehntelange Markierungsversuche bei der Niederösterreichischen Hermannshöhle ergaben, dass die kleinen Tiere aus einem Umkreis von bis zu 30 Kilometern zur Überwinterung angeflattert kommen. Übrigens ernährt sich keine einzige der in Österreich heimischen 28 Fledermausarten von Blut.
Fledermäuse gelten nicht als klassisches Höhlentier sondern als „Höhlengast“. Hier halten sie bei idealen Bedingungen ihren Winterschlaf. In den Höhlen friert es nicht, es herrscht eine konstante Lufttemperatur von 6-8 Grad und die hohe Luftfeuchtigkeit bewahrt die kleinen Tiere vor dem Austrocknen. Beim Winterschlaf senken sie ihren Pulsschlag auf 1 bis 2 Schläge pro Minute ab – darum sollte man Fledermäuse auch keinesfalls stören und aufwecken, da das eine große Belastung für die kleinen Tiere darstellt und sie durch den hohen Energiebedarf verhungern können.
Von wegen Motten und das Licht
Nicht nur Fledermäuse flattern in Höhlen, auch manche Schmetterlingsart bevorzugt diesen eher unwirtlichen Lebensraum. Die Zackenkeule oder der Wegdornspanner gaukeln – kaum dass sie aus der Puppe geschlüpft sind – ab ins feuchte Dunkel und verbringen dort den Großteil ihres Schmetterlingslebens.
Blindlings drauflos
Arctaphaenops muellneri: Der Höhlenlaufkäfer ist zwar blind – bei den Lichtverhältnissen wohl kein großartiger Nachteil – hat dafür aber lange Sinnesborsten und Fühler sowie kräftige Mundwerkzeuge, mit denen er auf Jagd nach anderen Höhlentieren geht. Er lebt gut versteckt in den Höhlen des Nationalparks Kalkalpen und ist trotz seines zurückgezogenen Lebensstils eine kleine Sensation: Er ist ein Endemit, sprich, es gibt ihn nur im Nationalpark Kalkalpen und in dessen engstem Umfeld. Grund dafür sind die Eiszeiten – tausende Jahre entwickelte sich von Eispanzern abgeschottet diese neue Art ohne Augen aber mit anderen, weiterentwickelten Fähigkeiten.
Endloser Winterschlaf ohne Ecken und Kanten
Bei der Erkundung der Klarahöhle stieß man zuerst auf einen großen Röhrenknochen, danach auf den Schädel eines Höhlenbären – und die lebten bis zum Beginn der letzten Eiszeit vor etwa 20.000 Jahren. Höhlen waren für die Bären ein beliebter Ort für den Winterschlaf, allerdings wachten altersschwache Tiere oft einfach nicht mehr auf. Die kalte und gleichmäßig feuchte Luft in der Höhle hat aber zumindest die Knochen gut erhalten. Rund um den Fundort war der Stein glattpoliert – das kommt daher, dass die Bären entlang der Wand rieben, um zur besseren Orientierung Duftmarkierungen zu hinterlassen. Dabei polierten sie ihr Winterquartier sozusagen auf Hochglanz.
Leben im Schatten
Weniger glänzend braucht es die Schattenflora. Blütenpflanzen wie zum Beispiel der Stinkende Storchenschnabel, Farne wie der Schwarzstielige Streifenfarn, Laub- und Lebermoose und Algen können bis zu ihrem spezifischen Lichtminimum an Höhleneingängen wachsen. Tiefer im Höhleninneren fehlt vor allem Blütenpflanzen schnell das Sonnenlicht, Algen sind da etwas genügsamer.
Bis in die hintersten Winkel der unterirdischen Welt dringen dafür aber die Pilze vor. Sie brauchen kein Licht, sondern ernähren sich von nährstoffhaltigem Substrat aus hereingewehten Laub, eingeschwemmten Holz oder Tierkadavern. Sie sind für das Ökosystem in der Höhle sehr wichtig. Sie bieten verschiedenen Höhlentieren wie Tausendfüßern, Spinnen, Springschwänzen oder Höhlenkäfern Behausung, Jagdplatz und Nahrung. (Autorin: Julia Kropik)
Veranstaltungstipp: Ab in die Höhle
Wem dieser Sommer längst zu heiß ist und wer selbst einmal mit seinen FreundInnen in die Unterwelt abtauchen will, kann das zum Beispiel bei einer Tour mit einem erfahrenen Höhlenführer im Nationalpark Kalkalpen. Ohne Stege und Kunstlicht, dafür mit Helm und Stirnlampe ausgestattet, kann dabei die Kreidelucke mitsamt verborgenen Wassern erforscht werden – vorausgesetzt man bringt genug Abenteuerlust mit...
Infos, Termine und Anmeldung beim Nationalpark Zentrum Molln unter 07584/3651 oder unter diesem Link.