Die großen Flusskrebse sind heute durch eine schlimme Krankheit und eingeschleppte Arten stark gefährdet. Kleinere heimische Krebstiere leiden unter dem Verlust an geeigneten Lebensräumen. Alle spielen bedeutende Rollen in ihren Ökosystemen und verdienen unseren Schutz.
In diesem Artikel lernst du ein lebendes Fossil kennen und erfährst, welche Krebsarten man im Wald finden kann. Blühendes Österreich stellt dir 10 heimische Krebse vor:
1Edelkrebs (Astacus astacus)
astacus astacus © H. Zell, Astacus astacus 01, CC BY-SA 3.0
Körpergröße: bis 20 cm (Männchen); Status: stark gefährdet; Alter: bis 20 Jahre!
Der Edelkrebs oder Europäische Flusskrebs ist die größte Krebsart in Österreich und damit auch das mächtigste wirbellose Tier in unseren Gewässern. Er bewohnt Flüsse und Seen, deren Temperatur zumindest zeitweise 15 °C übersteigt. Nur dann kann sich der Edelkrebs erfolgreich fortpflanzen.
Der Hummer des Süßwassers wurde bis ins 20. Jahrhundert in ganz Europa intensiv genutzt. Mit der Einschleppung der Krebspest, einer aus Nordamerika stammenden Pilzerkrankung, gingen seine Bestände bald stark zurück. Heute setzen den letzten Populationen auch die direkte Konkurrenz mit exotischen Krebsarten und die Verbauung und Verschmutzung von Gewässern zu.
Um auf seine Gefährdung aufmerksam zu machen, hat der Österreichische Fischereiverband den Edelkrebs zum „Fisch“ des Jahres 2019 erklärt.
2Galizischer Sumpfkrebs (Astacus leptodactylus)
Astacus leptodactylus © Urheber: Ullrich Mühlhoff Upload: Cornelius Herget, Astacus leptodactylus - Blausteinsee 01, CC BY-SA 3.0
Körpergröße: 16-18 cm; Status: vom Aussterben bedroht
Der Sumpfkrebs ist wesentlich schlanker als der Edelkrebs gebaut. Ein auffälliges Unterscheidungsmerkmal sind seine beiden lang gestreckten Scherenfinger. An den Lebensraum stellt er ähnliche Ansprüche wie sein größerer Bruder, doch kann der Sumpfkrebs, ganz seinem Namen getreu, auch schlammigere Gewässer besiedeln.
Der „Galizier“ stammt eigentlich aus Osteuropa und Asien. Da sein ursprüngliches Verbreitungsgebiet aber bis in den österreichischen Donauraum reichte und er in anderen Landesteilen bereits vor über hundert Jahren angesiedelt wurde, gilt er heute als heimische Art. Als resistent gegen die Krebspest hat sich der Galizische Sumpfkrebs leider nicht erwiesen.
Seine meist isolierten Vorkommen in Österreich beschränken sich auf wenige Seen und Schottergruben. Im Gegensatz zu den anderen Flusskrebsarten ist der Sumpfkrebs auch tagaktiv und kann stellenweise gut beobachtet werden.
2Steinkrebs (Austropotamobius torrentium)
austropotamobius torrentium © Christoph Leeb, Steinkrebs1, CC BY-SA 3.0
Körpergröße: bis 8 cm; Status: gefährdet
Er ist die kleinste und gleichzeitig auch die häufigste Flusskrebsart in Europa. Der Stein- oder Bachkrebs liebt kalte Bäche und Bergseen mit steinigem Grund. Er ist auf sauberes klares Wasser angewiesen und gilt als guter Indikator für die Qualität von Gewässern.
Die Verbauung seiner Lebensräume und der Einfluss der Landwirtschaft durch den Eintrag von Nährstoffen und Insektiziden machen ihm das Leben leider so schwer, dass auch der Steinkrebs in Österreich als gefährdet gilt. Auch der Konkurrenz eingeschleppter Arten und der Krebspest hat der Winzling wenig entgegenzusetzen.
3Dohlenkrebs (Austropotamobius pallipes)
austropotamobius pallipes © David Gerke, Austropotamobius pallipes, CC BY-SA 3.0
Körpergröße: bis 10 cm; Status: vom Aussterben bedroht.
Der Dohlenkrebs ist in Europa der westliche Bruder des Steinkrebses. Seine österreichischen Populationen beschränken sich auf einige Gebiete in Kärnten und Tirol. Die seltenste heimische Flusskrebsart ist eigentlich etwas weniger wählerisch als der Steinkrebs und bewohnt auch wärmere Bäche, die sich durch Wälder und Wiesen schlängeln.
Durch die Krebspest und den Verlust an geeigneten sauberen Lebensräumen ist der Dohlenkrebs in Österreich vom Aussterben bedroht.
5Bachflohkrebs (Gammarus fossarum)
gammarus fossarum © dendrofil, Gammarus fossarum Podkomorské lesy, CC BY-SA 3.0
Körpergröße: bis 21 mm.
In Österreichs Bächen und Flüssen wimmelt es allerorts von viel kleineren Krebstieren, denen man ihre Verwandtschaft mit den großen Flusskrebsarten kaum ansieht. Der Bachflohkrebs ist einer der häufigsten Bewohner von Fließgewässern überhaupt und kann bei guten Bedingungen sehr hohe Populationsdichten erreichen.
Mit ihren seitlich abgeflachten Körpern bewegen sich die Tierchen am Gewässergrund kriechend, in der Wassersäule aber auch gut schwimmend fort. Ist die Strömung stark, klammern sich Bachflohkrebse an Steine und Wasserpflanzen. Sie sind eine immens wichtige Futterquelle für Forellen und andere Fischarten, aber auch einige Wasservögel und Insektenlarven zehren davon.
6Gemeiner Wasserfloh (Daphnia pulex)
Körpergröße: bis 4 mm (Weibchen)
Auch der allseits bekannte Wasserfloh ist ein Krebs. Die für die Gruppe typischen Beinpaare verbirgt er unter seinem runden, meist leicht transparenten Panzer. Zum Rudern benutzt der Wasserfloh die daraus hervorragenden Kiemen und zuckt so durch Tümpel, Teiche und Seen.
Er ist Teil des Planktons und ernährt eine Vielzahl anderer Tiere, während er selbst Schwebalgen und andere kleine Stoffe filtriert. Im Sommer kommt es dank eingeschlechtlicher Massenvermehrungen meist zu einer wahren „Blüte“ an weiblichen Wasserflöhen.
Werden die Bedingungen schlechter, pflanzt sich der Gemeine Wasserfloh wieder sexuell fort. Seine Eier können auch lange Zeiten der Trockenheit überdauern.
7Triops-Urzeitkrebs (Triops cancriformis)
triops cancriformis © John Alan Elson, Beni-KabutoEbiAlbinoeggs1, CC BY-SA 3.0
Noch besser angepasst an temporäre Gewässer ist der mythische Triops. Dieser große und kaum verwechselbare Urzeitkrebs tritt in Österreich vor allem in Überschwemmungstümpeln von Flussauen vor. Seine Dauereier müssen sogar trocken liegen, um im nächsten Sommer wieder Larven und schließlich adulte Krebse hervorzubringen.
Finden keine Überschwemmungen oder starke Regenfälle statt, können die sogenannten Zysten auch Jahrzehnte im Boden überdauern.
Der Triops zählt zu den Kiemenfußkrebsen und ist ein lebendes Fossil.
Er ist eine der ältesten heute noch lebenden Tierarten. Sein Aussehen hat sich seit vielen Millionen Jahren nicht verändert. Dass man ihn heute auch als Heimtier in Kunststoffbecken züchten kann, war lange nicht zu erahnen.
8Frühjahrs-Feenkrebs (Eubranchipus grubii)
Körpergröße: bis 30 mm; Status: potenziell gefährdet.
Feenkrebse oder Kiemenfüßer gelten ebenfalls als Urzeitkrebse. Am bekanntesten sind die Salinenkrebschen der Gattung Artemia, die oft als Fischfutter in der Aquaristik verwendet werden. Solche Fressfeinde muss unser heimischer Frühjahrs-Feenkrebs kaum fürchten.
Wie der Triops entwickelt sich die Art ausschließlich in temporären Kleingewässern, am liebsten in Waldtümpeln oder Flutmulden. Im freien Wasser schwimmen die Frühjahrskiemenfüße mit dem Bauch nach oben und filtern mit ihren Blattfüßen Plankton aus dem Wasser.
Die Verbreitung erfolgt in erster Linie durch Vögel. Diese transportieren die Dauereier von einem Kleinstgewässer zum nächsten.
9Wasserassel (Asellus aquaticus)
Wasserassel © Peter Pfeiffer, Asellus aquaticus Wasserassel, CC BY-SA 4.0
Körpergröße: bis 20 mm
In Waldtümpeln lässt sich häufig auch die Wasserassel beobachten. Diese Krebsart ist aber nicht sehr wählerisch und besiedelt nährstoffreiche Gewässer fast jeder Art.
GartenteichbesitzerInnen kennen das Tier sicher gut. Mit ihren sechs Paar langen Laufbeinen kann sich die Wasserassel sehr flink fortbewegen und ist ständig auf der Suche nach Falllaub und anderen abgestorbenen Pflanzenteilen.
Die starke Vermehrung von Wasserasseln kann ein Indikator für Wasserverschmutzung sein. Sie ist die einzige heimische Asselart, die Gewässer besiedelt. Ihre Verwandten haben dem nassen Element fast ganz den Rücken gekehrt.
10Mauerassel (Oniscus asellus)
oniscus asellus © marsupium photography, Creepy crawlies (8732415285), CC BY-SA 2.0
Körpergröße: bis 18 mm.
Asseln genießen nicht den besten Ruf. Vermutlich liegt es daran, dass wir ihnen oft an dunklen feuchten Orten begegnen. Die faszinierenden Landasseln sind die einzigen Krebstiere, die dauerhaft an Land leben und sich dort auch fortpflanzen können. Eine völlig trockene Atmosphäre behagt ihnen aber kaum.
Die Mauerassel muss insbesondere ihre Kiemen gegen die Verdunstung schützen. Auch die Eier entwickeln sich lange in einem feuchten Brutraum unter dem Panzer, bis die kleinen Jungasseln schlüpfen.
Die Art ist in fast ganz Europa verbreitet und lebt in Österreich oft in der Nähe der Menschen. Wie der sehr ähnlichen Kellerassel kann man ihr aber auch im Wald, meist unter Steinen, im Moos oder unter der Rinde von Totholz begegnen.
Krebswissen kompakt
Krebse wurden lange als Schwestergruppe der Insekten im großen Stamm der Gliederfüßer betrachtet. Heute gehen viele ForscherInnen davon aus, dass sich die Insekten sogar innerhalb einer sehr vielgestaltigen Verwandtschaft von Krebstieren entwickelt haben. Die Ähnlichkeit der beiden Tiergruppen ist in jedem Fall augenscheinlich, grundlegende Unterschiede finden sich dennoch bereits im Bauplan.
Krebse besitzen zwei Paar Antennen und atmen fast immer mithilfe von Kiemen.
Mit über 50 000 Arten stellen sie die Hauptgruppe der Arthropoden im Meer. Nur wenige Krebse sind ins Süßwasser vorgedrungen. Hier sind sie meist auf einen gewissen Kalkgehalt angewiesen, um ihr Skelett aufbauen zu können. Wie die Insekten entwickeln sich Krebse aus Larven und wachsen durch regelmäßige Häutungen.
Krebstiere sind weltweit von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Die gezielte Nutzung als Proteinquelle und die Vernetzung ihrer nassen Lebensräume haben gerade in Europa zu einer Verschleppung von Arten und der Ausbreitung der Krebspest geführt.
Besonders dramatisch ist die Situation der österreichischen Flusskrebse.
Den vier heimischen Arten stehen bereits drei gebietsfremde und invasive Krebse, allen voran der amerikanische Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus), gegenüber. Die als Neobiota geführten Krebsarten können die tödliche Krebspest übertragen, sind gegen die Krankheit aber selbst weitgehend resistent.
Viele andere heimische Krebstiere sind in ihrem Bestand durch die Zerstörung natürlicher Lebensräume gefährdet. Dort sind Krebse von enormer ökologischer Bedeutung. Da sie am Grunde der Gewässer verendete Fische, tote Muscheln und andere Zerfallsprodukte verwerten, gelten unsere Flusskrebsarten als Gesundheitspolizei.
Kleinere Krebsarten wiederum tragen durch ständiges Filtrieren zur Reinigung des Wassers bei und bilden einen wesentlichen Teil der Nahrungskette in den heimischen Bächen, Teichen und Seen. Gezielte Artenschutzmaßnahmen und der Erhalt unbelasteter Biotope sind die Grundlage für eine erfolgreiche Bewahrung der faszinierenden Vielfalt unserer heimischen Krebse.