Wenn sich der Sommer langsam seinem Ende zuneigt, reckt der Rothirsch das Haupt mit dem mächtigen Geweih aus dem Wald und lässt sein legendäres Röhren erdröhnen. Warum er so röhrt, und wann und wo du die Hirschbrunft in Österreich erleben kannst, erfährst du hier. Komm mit auf die Pirsch!
Brunftzeit beim Rotwild
Den ganzen Sommer lang haben sich die Rothirsche auf ihre wilde Zeit vorbereitet. Im tiefen Wald versteckt haben Hirschkühe ihre Kälber aufgezogen und im Familienverband den Reichtum an frischer Nahrung ausgekostet. Auch die männlichen Rothirsche haben den Großteil des Jahres in Rudeln verbracht. Jetzt, wo die Tage kürzer werden und sich abends oft ein leichter Dunst über den Wald legt, zerstreuen sich die Hirsche und machen sich bereit für die Paarungszeit.
Dick gemästet und den Bast vom Geweih gefegt, stehen die Männchen am Ende des Sommers in vollem Saft. Ab Ende August suchen die Hirsche ihre Brunftplätze auf und verwandeln die Lichtungen und Wiesen für einige Wochen in nächtliche Arenen. Hier wird vor den Weibchen geröhrt, imponiert und sich duelliert. Denn Platzhirsch kann es nur einen geben!
Der Hirsch – König der österreichischen Wälder
Rothirsche sind, sieht man von den vereinzelten Braunbären ab, die größten heimischen Wildtiere. Ein kapitales männliches Rotwild kann bei uns an die 250 kg wiegen und 150 cm Schulterhöhe erreichen. Wem nur Rehe vertraut sind, der wird bei einer flüchtigen Begegnung mit einem Hirsch vielleicht an ein kleines Pferd denken! Leider bekommt man Rotwild in unserer Natur nur sehr selten zu Gesicht. Obwohl sie dort recht dichte Bestände ausbilden können, leben Hirsche in Österreich meist zurückgezogen in dichten Wäldern.
Dabei ist der Hirsch sehr weit verbreitet und unglaublich anpassungsfähig. Das Rotwild der baumlosen Moore der schottischen Highlands zum Beispiel bekommt kaum einen Baum zu Gesicht. Andere Populationen in Europa steigen bis in hohe Lagen der Alpen hinauf. Selbst im Schilfgürtel des Neusiedler Sees leben einige „Rohrhirsche“! In aller Regel beschränken sich die Vorkommen in Österreich aber auf voneinander isolierte Waldgebiete, wo sie von Jägern nachdrücklich gehegt werden. Zugegeben: Ohne die Jagd würden Rothirsche lokal schnell überhand nehmen und durch Verbiss vermehrt Schaden in Wald und Flur anrichten – lokal passiert das leider auch durch zu gut gemeinte Hege. Denn natürliche Feinde wie Wolf und Bär, die den Bestand regulieren würden, hat der Hirsch bei uns bekanntlich kaum mehr. Durch zahlreiche Straßen werden die Hirsche außerdem an ihren natürlichen Wanderungen gehindert, was ebenfalls zu mehr Verbiss beiträgt.
Bambi war ein Hirschkalb
Männliches Rotwild zeichnet sich durch sein majestätisches gegabeltes Geweih aus, welches jährlich abgeworfen wird und neu nachwächst. Im fortgeschrittenen Alter kann es bis zu zweimal acht Enden aufweisen und als sogenannter Sechzehnender eine ganz besondere Jagdtrophäe darstellen. Während sich die Männchen oft erst als starke und erfahrene Platzhirsche fortpflanzen, sorgen die Hirschkühe bereits sehr jung für Nachwuchs. Die Kälber kommen am Ende des Frühlings zur Welt und sind hübsch weiß gefleckt. Bambi war ein Hirschkalb!
Heiser, laut & spektakulär – das Röhren der Rothirsche
Die Brunftrufe ausgewachsener Hirsche erinnern an ein langgezogenes kehliges Brüllen. Manch einsamen Wanderer soll es schon zu Tode erschreckt haben. Früher dagegen wurden spezielle Hörner geblasen, um das Rotwild zu locken.
Dem Hirsch selbst dient das Röhren während der Brunft zur Abgrenzung seines Territoriums. Es begleitet die Kämpfe zwischen Rivalen und ertönt auch, wenn der Platzhirsch sein Rudel zusammentreibt.
Will man Hirsche röhren hören, wird der vertraute Wald wieder zur Wildnis. Nur mit Herzklopfen dringt man in sie ein. In der abendlichen Dämmerung oder im Morgengrauen sind wir Menschen den Tieren oft nur schüchterne Gäste. Es wird geschlichen, geflüstert und jedem Geräusch gelauscht: Vögel rascheln, Grillen zirpen und von fern meint man, Hufgetrampel zu hören. Durch das Fernglas schaut man sich die Augen wund. Ist das ein Tier auf der Lichtung – oder bloß ein Schatten?
Wenn wie aus dem Nichts das erste Röhren erdröhnt, lässt es nicht nur den Wald erzittern! Haben die Beobachter Geduld und Glück, dann dauert das tiefe Rufen der Rothirsche stundenlang an und schafft in Spätsommernächten eine geradezu mystische Atmosphäre.
Der König des Waldes feiert sein Reich!
Die Hirschbrunft selbst erleben
Seit einiger Zeit freuen sich nicht nur Jäger und Jägerinnen alljährlich auf den Beginn der Hirschbrunft in Österreich. Auch viele NaturfreundInnen wollen sich das Spektakel nicht entgehen lassen. Wer auf eigene Faust losmarschiert, wird allerdings meist leer ausgehen.
Während der Brunftzeit des Rotwildes werden heute aber in vielen heimischen Regionen geführte Touren angeboten. Mit fachkundiger Begleitung steigen nicht nur deine Chancen, den Hirsch auch wirklich röhren zu hören. Du erfährst sicher auch viel Interessantes über Wald und Wild und teilst ein unvergessliches Naturerlebnis mit Gleichgesinnten.
Die Hirschbrunft bietet auch Gelegenheit, einzigartige Naturplätze zu entdecken. Im Nationalpark Kalkalpen wird das sogenannte Hirschlos’n ebenso angeboten wie in vielen andere alpinen Schutzgebieten. Im Flachland, beispielsweise in den Donau-Auen, beginnt das Röhren der Hirsche übrigens schon früher als im Gebirge.
Ab Ende August gilt es, zu Land oder zu Wasser, die Brunft der Rothirsche in Österreich zu erleben. Ein unvergleichliches Naturschauspiel! (Text: Stefan Agnezy)
Du möchtest selbst den Hirsch röhren hören? Lass dir die Gelegenheit heuer nicht entgehen!
Besuche unseren Naturkalender und suche dir einfach ein passendes Angebot aus.
Es gibt noch freie Plätze!
25. August: Im Tal des Rotwildes
30. August: Rothirsch „losen“ (Abendliche Wanderung)
31. August: Röhrende Hirsche im Wilden Wasserwald