Heute sind Süßwassermuscheln leider sehr selten geworden und kämpfen in unseren Gewässern um das nackte Überleben. Wir erzählen dir, welche heimischen Arten es noch gibt und warum manche den Namen griechischer Nymphen tragen!
Blühendes Österreich präsentiert die Top 10 der heimischen Muscheln:
1Große Teichmuschel (Anodonta cygnea)
Heimische Muscheln / anodonta cygnea © Rosser1954, Anodonta cygnea - Swan Mussel pair, CC BY-SA 4.0
Größe: bis 20 cm, selten auch mehr; Status: potenziell gefährdet.
Die Große Teichmuschel wird auch Schwanenmuschel genannt und lebt im Schlammboden von sauberen Seen und Teichen. Die Schalen der größten heimischen Süßwassermuschel sind von gelblicher bis brauner Farbe, eiförmig und dünnrandig. Ihre Innenseiten schimmern perlmuttartig. Meist steckt die Große Teichmuschel bis zur Hälfte im Boden und verrichtet ihr stilles Werk des Filtrierens.
Über einen Siphon saugt die Muschel Wasser an und filtert daraus mithilfe ihres Kiemennetzes Sauerstoff und Nahrung. Ist in einem Gewässer ein entsprechender Bestand an Teichmuscheln vorhanden, leistet er einen wichtigen Beitrag zur Wasserreinigung.
Die Große Teichmuschel ist ein Zwitter und betreibt Brutpflege. Aus Tausenden Eiern entwickeln sich im Kiemenraum der Elternmuschel kleine Larven, die im Frühjahr ins freie Wasser ausgestoßen werden. Bis zu ihrer Metamorphose heften sich diese an größere Fische, wo sie an Kiemen und Haut parasitisch leben, ohne dem Wirt ernsthaft zu schaden.
Mit dem Bitterling kann die Große Teichmuschel sogar eine Symbiose bilden, da diese hoch spezialisierte Fischart umgekehrt seine Eier im schützenden Kiemenraum der Muschel ablegt.
2Gemeine Teichmuschel (Anodonta anatina)
Heimische Muscheln/anodonta anatina © Peter261504, Anodonta anatina Ružiná 2019, CC BY-SA 4.0
Größe: bis 15 cm; Status: potenziell gefährdet.
Die Kleine- oder Gemeine Teichmuschel teilt mit ihrer großen Schwester oft den Lebensraum, kann aber auch langsam fließende Gewässer gut besiedeln. Ihre Schalen glänzen nur matt perlmuttfarben. Sie werden aber, wie bei ihrer nahe Verwandten auch, durch ein zahnloses, glattes Schloss zusammengehalten.
Die Gemeine Teichmuschel ist vorwiegend getrenntgeschlechtlich. Ihre Larven entwickeln sich ebenfalls im Winter. Vor der Umwandlung zur Jungmuschel leben sie für einige Wochen gerne an den Flossen von Barschen, Rotaugen oder Stichlingen.
Die Gemeine Teichmuschel war in weiten Teilen Europas früher sehr häufig. Stellenweise wurde sie sogar als Viehfutter für Schweine oder Enten genutzt und somit als Entenmuschel bezeichnet.
In Österreich ist sie heute potenziell gefährdet. Gewässerverbauungen, Verschmutzung und die Konkurrenz der Malermuschel haben dafür gesorgt, dass sie wie alle heimischen Muscheln unter Naturschutz gestellt werden musste.
3Malermuschel (Unio pictorum)
Heimische Muscheln/unio pictorum © Udo Schmidt from Deutschland, Unio pictorum (Linné, 1758) (4540126717), CC BY-SA 2.0
Größe: bis 9 cm; Status: potenziell gefährdet.
In Österreich findet sich mit der Malermuschel eine dritte große heimische Muschelart, die stehende und langsam fließende Gewässer bevorzugt. Im Gegensatz zu den beiden Teichmuschelarten besitzt sie dickwandige Schalen mit einem gezähnten Schloss.
Ihre im Sommer schlüpfenden Larven werden ebenfalls von Fischen aufgenommen und an deren Kiemen für einige Wochen sogar von den Kiemenblättern umwachsen. Auch die Malermuschel ist ein Wirt für den Bitterling, der seine Eier in der Muschel ausbrüten lässt.
Ihr schöner Name rührt daher, dass die Schalen früher von Malern als Anrührschalen für Farben genutzt wurden.
4Gemeine Flussmuschel (Unio crassus)
Heimische Muscheln/unio crassus © Alexander Mrkvicka, Unio crassus3 A MRKVICKA, CC BY-SA 3.0
Größe: bis 10 cm; Status: vom Aussterben bedroht.
Die Gemeine Flussmuschel wird auch Bachmuschel genannt und ist eine anspruchsvolle Muschelart, die nur in sauberen Fließgewässern überleben kann. War sie früher in fast ganz Europa häufig und weit verbreitet, ist sie nach und nach in kleinere Bäche und Flussoberläufe zurückgedrängt worden und in vielen Regionen ausgestorben.
Auch Bachmuscheln sind Filtrierer, die sich in das Flussbett eingraben und mithilfe ihres langen Siphons Wasser ansaugen, das Sauerstoff, Plankton und Detritus enthält. Ihr Fuß ist im Vergleich zu jenem der Teichmuscheln kräftiger und erlaubt dem Tier, seine Position im Bach zu verändern und sich nach der Strömung auszurichten.
Der Lebenszyklus der Gemeinen Flussmuschel ist ebenfalls an Wirtsfische gebunden. Ihre Larven werden bereits im Sommer freigesetzt und sind auf typische Fischarten unserer Bäche und Flüsse angewiesen. Die letzten Populationen der Bachmuschel bestehen fast immer aus älteren Tieren und sind nicht mehr in der Lage, sich ausreichend zu erneuern.
Die schlimmen Verluste der Vergangenheit sind auf Gewässerverunreinigung durch Düngemittel und Drainagen zurückzuführen.
5Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera)
Heimische Muscheln/margaritifera margaritifera © I, Joel Berglund, UV Margaritifera margaritifera, CC BY-SA 3.0
Größe: 8-14 cm; Status: vom Aussterben bedroht.
Die Flussperlmuschel ist zweifellos die edelste unserer heimischen Muschelarten. Ihre fast schwarzen und dickwandigen Schalen stecken am liebsten im Sandboden klarer, halbschattiger und nicht zu schnell fließender Bäche.
An guten Standorten konnte die Flussperlmuschel dichte Bänke mit mehr als tausend Tieren pro Quadratmeter ausbilden. Für ihre komplizierte Fortpflanzung ist sie in Österreich auf Bachforellen und den Huchen angewiesen.
Wie die im Meer lebenden Perlmuschelarten kann die Flussperlmuschel eingedrungene Fremdkörper mit Perlmutter umschließen. Bis ins 20. Jahrhundert waren diese Perlen sehr begehrt und unerlaubtes Perlenfischen wurde streng bestraft. Viele Bestände litten oder verschwanden unter dem menschlichen Raubbau, doch richtig selten ist die Art durch Wasserverschmutzung und Lebensraumverlust geworden. Heute gilt sie weltweit als gefährdet.
Während die meisten anderen Süßwassermuscheln ein Alter von 10-15 Jahren erlangen, kann die Flussperlmuschel zehnmal länger leben und nach neuesten Erkenntnissen sogar ein Alter von über 280 Jahren erreichen!
6Chinesische Teichmuschel (Sinanodonta woodiana)
Heimische Muscheln/sinanodonta woodiana © Alexander Mrkvicka, Sinanodonta woodiana1 A MRKVICKA, CC BY-SA 3.0
Größe: bis 20 cm; Status: nicht beurteilt.
Die Chinesische Teichmuschel stammt aus Ostasien und ist als blinder Passagier eingeführter Karpfenarten, zum Beispiel dem großen Amurkarpfen, nach Europa gekommen.
In Österreich wird sie seit der Jahrtausendwende meist in isolierten Fischteichen nachgewiesen. Der Schritt in freie Gewässer ist aber selbst für eine Muschel kein großer und so ist mit einer weiteren Ausbreitung der Chinesischen Teichmuschel in den heimischen Gewässern zu rechnen.
Wie in ihrer ursprünglichen Heimat bevorzugt sie bei uns nährstoffreiche Teiche, Seen und langsam fließende Flüsse.
Der Lebenszyklus der Chinesischen Teichmuschel ähnelt jenem der heimischen großen Süßwassermuscheln. Allerdings kann sie sich bereits sehr jung fortpflanzen und ist bezüglich ihrer Wirtsfische nicht wählerisch. Von der heimischen Großen Teichmuschel lässt sich die eingeschleppte Art unter anderem durch ihre etwas rundere und bauchige Form unterscheiden.
7Wandermuschel (Dreissena polymorpha)
Größe: bis 4 cm; Status: nicht beurteilt
Auch die Wandermuschel kann als gebietsfremde und sogar invasive Art betrachtet werden. Sie war aus Europa über Hunderte Jahre fast verschwunden und ist erst in jüngerer Zeit aus dem Schwarzen Meer neu eingewandert. Ihre großräumige Ausbreitung verdankt die Art dem Schiffsverkehr.
Wandermuscheln können sich an Schiffsrümpfe heften und auch im Ballastwasser transportiert werden, da sie ein freischwimmendes Larvenstadium durchlaufen.
Die kleine Wandermuschel hat eine dreikantige, kahnartige Form und hell-dunkel gestreifte Schalen. Die darum auch Zebramuschel genannte Art ist konkurrenzstark, kann neue Gewässer rasch besiedeln und bildet unter guten Bedingungen dichte Kolonien. Stellenweise überwuchert die Wandermuschel andere Großmuscheln und Wasserpflanzen. Gleichzeitig ist sie vielerorts zu einer sehr wichtigen Futterquelle für heimische Wasservögel geworden.
8Kugelmuschel
Heimische Muscheln/ sphaerium sp © Zikamoi, Sphaeriidae, CC BY 3.0
Größe: bis 12 mm.
Kugelmuscheln sind kleine bis sehr kleine Muscheln, die im Süß- und Brackwasser weltweit verbreitet sind. Sie besitzen einen langen, zungenförmigen Fuß, mit dem sie sich fast wie Schnecken fortbewegen können.
Kugelmuscheln produzieren nur wenige Eier, die sich im Kiemenraum vollständig entwickeln und schließlich als fertige, winzige Muscheln freigesetzt werden.
In Österreich wurden aus der Gattung der Kugelmuscheln bislang vier Arten beschrieben. Kugelmuscheln finden sich in vielen stehenden und fließenden Gewässern und können zum Teil auch sauerstoffarme Gräben und Sümpfe besiedeln. Ihre Bestände sind bei uns noch kaum erforscht. Einzig die Bach-Kugelmuschel gilt als potenziell gefährdet.
9Erbsenmuschel
Heimische Muscheln/pisidium amnicum © Snailmail, Pisidium amnicum, CC BY-SA 3.0
Größe: bis 13 mm
Die Erbsenmuscheln sind nahe Verwandte der Kugelmuscheln. Sie besitzen ebenfalls eine kugelige Form und einen langen, kräftigen Fuß, unterscheiden sich aber durch ihre wesentlich kürzeren Siphone.
Die Große Erbsenmuschel ist die einzige Art, die eine Länge von über einem Zentimeter erreichen kann. Erbsenmuscheln besiedeln stehende Gewässer bis in eine Tiefe von mehr als 40 Metern und ertragen extreme Bedingungen wie Trockenheit und Kälte.
Manche überleben sogar in kleinen Lacken und Moortümpeln. Von der Großen bis zur Kleinen Erbsenmuschel sind in Österreich 16 Arten bekannt. Einige darunter sind in ihrem Lebensraum stark gefährdet.
10Häubchenmuschel (Musculium lacustre)
Größe: bis 10 mm; nicht gefährdet.
Ihren Namen und ihr charakteristisches Aussehen hat diese kleine Muschel den häubchenartig auf dem Wirbel sitzenden Embryonalschalen zu verdanken. Als Lebensraum bevorzugt die Häubchenmuschel nicht zu nährstoffreiche Tümpel und kleine Teiche.
Spezialisten finden sie aber auch in langsam fließenden Bächen, Gräben und sogar in zeitweise austrocknenden Kleinstgewässern. Wie die Kugel- und Erbsenmuscheln betreibt die Häubchenmuschel eine ausgesprochene Brutpflege und entlässt erst die fertigen Jungmuscheln in das freie Wasser.
Erwachsene Häubchenmuscheln verfolgen aber faszinierende Strategien zur Ausbreitung. Sie sind in der Lage, sich an die Beine von Fröschen, Kröten und Insekten zu klammern und reisen so an neue Gestade.
Nymphen des Wassers - Muschelwissen kompakt
Die großen Muscheln in Österreichs Flüssen, Seen und Teichen zählen zur Gruppe der Flussmuschelverwandten, die auch als „Najaden“ bezeichnet werden. Der poetische Name stammt aus der Sagenwelt des antiken Griechenlands, wo die Najaden-Nymphen über Quellen, Bäche und andere Gewässer wachten.
Wie die mythischen Quellgöttinnen sichern auch unsere heimischen Muscheln die Reinheit des Wassers und haben eine große Bedeutung für das Ökosystem, in dem sie leben.
Muscheln sind als Weichtiere Teil eines Tierstamms, der auch die Schnecken und Kopffüßer einschließt. Muscheln zeichnen sich durch eine zweiklappige, kalkhaltige Schale und ihre Lebensweise als Filtrierer aus. Ihre komplexen Kiemen dienen somit nicht nur der Atmung, sondern auch der Aufnahme von Nahrung, insbesondere von Plankton und anderen Schwebstoffen.
Von den weltweit etwa 10.000 Muschelarten lebt der weitaus größte Teil im Meer, kaum 20 % sind ins Süßwasser vorgedrungen.
Aus unseren heimischen Gewässern sind gerade einmal 35 Arten von Muscheln bekannt. Von ihnen gelten allerdings bereits sieben als stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht.
Die heimischen Muscheln stehen stellvertretend für viele Tiere des Gewässergrundes. Da sie sich nur langsam fortbewegen, sind sie äußerst empfindlich gegenüber Eingriffen wie Flussbegradigungen, Stauungen und Aushubarbeiten.
Auch Wasserverschmutzung und die Veränderung der Standortbedingungen durch den Eintrag von Nährstoffen und Sedimenten haben für unsere großen Muscheln oft dramatische Konsequenzen. Leere Muschelschalen, die zu Hunderten in Bachbetten oder in Ufernähe liegen bleiben, sehen nicht nur traurig aus. Sie sind oft auch stumme Zeugen eines viel größeren Sterbens der fragilen Fauna unserer Gewässer.