Nomen est omen. Fast hätte ich die Familienführung "Wir verschlafen den Winter" im Grazer Naturkundemuseum vermurmelt. Auch Menschen haben im Winter ein größeres Ruhebedürfnis, erklärt uns gleich zu Beginn die Biologin Vera Wanz, die durch die Ausstellung führt. Diese Beobachtung können auch die zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die meisten von ihnen zwischen fünf und zwölf Jahren, bestätigen.
Überhaupt entpuppen sich die jungen MuseumsbesucherInnen schon nach kurzer Zeit als richtige Expertinnen und Experten - mein erstes Aha-Erlebnis des Tages. Nun aber zu den Tieren, den Stars der Ausstellung “Wir verschlafen den Winter”. Diese haben nämlich noch viel mehr drauf, als nur zu mützen.
Die Führung “Wir verschlafen den Winter” findet noch bis einschließlich 24. Februar am Sonntag um 13:00 im Naturkundemuseum in Graz statt. Für Kinder von 5 - 12 Jahren mit Begleitung.
Wir betreten den ersten Raum, in dem uns zahlreiche heimische Wildtiere willkommen heißen: Etwa der Siebenschläfer, der fast drei Viertel des Jahres mützt. Oder Eichhörnchen, die sich einen gehörigen Vorrat anlegen, um zu überwintern. Die Tiere haben die unterschiedlichsten Verhaltensweisen entwickelt, um den bitterkalten Winter unversehrt zu überstehen. Einige davon sind uns Menschen durchaus vertraut.
Vorrat anlegen und aus dem Vollen schöpfen
Eichhörnchen begeben sich zur kalten Jahreszeit zur Winterruhe. Dabei verringern sie ihre Aktivitäten stark und müssen so weniger Nahrung zu sich nehmen. Bei Schlechtwetter verlassen sie ihr Nest, den sogenannten Kobel, mehrere Tage nicht. Der putzige Nager frisst z.B. Nüsse, Samen, Insekten, Früchte und Vogeleier. Bereits im Sommer legen Eichhörnchen zahlreiche Verstecke mit Nahrungsvorräten an, damit sie im Winter nicht lange suchen müssen. Dank ihres guten Geruchssinns finden sie die Nahrung wieder - manche Nüsse graben sie bis zu 30 Zentimeter tief in den Boden ein. Ein toller Nebeneffekt: Aus vergessener Nahrung können neue Bäume wachsen.
Der Eichelhäher tut es dem Eichhörnchen, was die Vorratshaltung angeht, gleich. Um sich einiges an Arbeit zu ersparen, kann der Vogel bis zu zehn Eicheln in seinem Schlund transportieren, die er dann versteckt. Während der Sammelzeit kommt ein Vogel auf insgesamt etwa 3.000 Eicheln, das entspricht 15 Kilogramm. Um die Schmankerln wieder zu finden, orientiert er sich an der Umgebung. So findet er auch unter einer dicken Schneedecke überraschend genau sein Versteck.
Auch der Maulwurf ist ein Meister des Hortens. Da der Boden im Winter gefroren ist, kommt er kaum an seine beliebte Nahrung, die Regenwürmer, heran. Um nicht hungern zu müssen und immer frisch versorgt zu sein, hat er sich etwas Schlaues aber Grausames überlegt: Er sammelt Regenwürmer und bringt sie in seine unterirdische Vorratskammer. Lebendig! Damit die Würmer nicht fliehen können, beißt der Maulwurf ihnen die Enden ab. In einer solchen Vorratskammer haben Forscher schon über 1.200 Regenwürmer entdeckt.
Frau Wanz zaubert aus ihrem Weidenkorb anschauliche Requisiten. Besonders begehrt bei den Kindern sind die kuscheligen Felle von Schneehase und Gämse.
Für jede Jahreszeit das richtige Outfit
Auch bei Tieren heißt es im Winter: Warm anziehen! Hasen und Hermeline sind im Winter gar nicht müde. Das dicke Winterfell dient ihnen als Schutz vor der Kälte. Ihr Pelz ist aber auch zur Tarnung gut: Schneehasen haben im Winter ein weißes Fell und im Sommer tragen sie ein graubraunes Outfit. Dadurch passen sie sich perfekt den Farben ihrer Umgebung an. Weit im Norden, wo das Jahr über Schnee liegt, ist das Fell des Schneehasen durchgehend weiß.
Das Hermelin wechselt ebenfalls je nach Jahreszeit seine Fellfarbe: Von braun im Sommer auf weiß im Winter. Jedoch bleibt beim Winterfell die Schwanzspitze schwarz. Das hilft dem Hermelin, vor Greifvögeln zu fliehen, für die es eine schmackhafte Beute darstellen - wenn der Angreifer das flinke Tierchen erwischt. Denn mit der schwarzen Schwanzspitze sorgt das Haken schlagende Hermelin für solche Verwirrung beim Feind, dass dieser seine bevorzugte Mahlzeit meist verfehlt.
Auch Gämsen legen sich im Winter ein längeres und dichteres Fell zu als im Sommer. In ihrer Heimat, den Bergen, ist das überlebenswichtig. In der kalten Jahreszeit müssen sie trotz “warmer Kleidung” manchmal in tiefere Lagen herabsteigen. Denn unter der dicken Schneedecke finden sie in luftigen Höhen kaum noch Nahrung.
Zitronenfalter gegen Erkältung
Schmetterlinge haben je nach Art unterschiedliche Strategien, um die kalten Monate zu überstehen. Dabei überwintern sie entweder als Falter, Puppe oder Raupe, im Ei oder im warmen Süden. Von den etwa 180 Tagfalterarten können nur sechs in unseren Breiten als Schmetterlinge durch den Winter kommen, darunter der kleine Fuchs, das Tagpfauenauge und der Zitronenfalter. Sie suchen sich einen geschützten Bereich in der Natur, wie hohle Bäume oder Höhlen und manchmal finden sie auch bei uns zu Hause Zuflucht.
Der Zitronenfalter ist besonders wetterfest: Unter freiem Himmel übersteht er selbst eisige Temperaturen und Schnee: Bis zu minus 20 Grad steckt er dank eines körpereigenen Frostschutzmittels weg.
Wenn die Temperaturen wieder nach oben klettern, flattern Zitronenfalter und Co auch als erste wieder durch die Lüfte. Denn sie müssen sich nicht erst aus einem Ei, einer Puppe oder Raupe im Frühling zu einem fertigen Schmetterling entwickeln.
Mehr zum Thema Winterruhe, Winterstarre und Winterschlaf erfährst du hier.
Augen zu bis der Frühling ruft
Zu den richtigen Winterschläfern zählen Siebenschläfer, Murmeltiere, Fledermäuse und Igel.
Der Siebenschläfer kann bis zu drei Viertel des Jahres verschlafen (von September bis Mai). Um diese lange Zeit ohne Nahrung zu überstehen, hat sich das Tier einen dicken Fettpolster angefressen. Die Schlafmütze begibt sich in eine Erdhöhle und rollt sich dort ein, um möglichst wenig Körperwärme zu verlieren. Im Winterschlaf sinkt die Körpertemperatur des Siebenschläfers bis auf fünf Grad, sein Herzrhythmus und die Atmung verringern sich stark. Beim Igel ist das ganz ähnlich. So brauchen die Tiere während des Winterschlafs ganz wenig Energie.
Hoch in den Bergen haust das Murmeltier. Nicht umsonst heißt es: “Schlafen wie ein Murmeltier”. Während draußen der Schnee die Landschaft zudeckt, zieht sich das Murmelchen in sein gut mit Gras ausgelegtes Höhlensystem zurück und hält Winterschlaf. In der Höhle kuschelt sich die ganze Sippe zusammen - etwa zehn bis 15 Tiere - bis der Frühling ins Land zieht. Ganz in der Mitte, wo es am wärmsten ist, dürfen natürlich die Kleinen schnarchen.
Bei der Führung “Wir verschlafen den Winter” haben wir noch mehr Spannendes erfahren. Jeden Sonntag, bis einschließlich 24. Februar, kannst auch du dich noch mit deinen Kleinen auf die Spuren der Tiere während der kalten Jahreszeit machen.
Zuletzt gibt uns Frau Wanz noch einen wichtigen Hinweis mit auf den Weg: Wenn die Tiere im Winterschlaf gestört werden, verursacht ihnen das großen Stress. Sie müssen ihren Organismus erst wieder zum Laufen bringen und das braucht viel Energie. Diese fehlt ihnen dann vielleicht im entscheidenden Moment, um bis zum Frühling durchzuhalten.
Daher, schlafende Tiere (und Menschen) nie stören!
Autorin: Stella Haller
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