Die Rhein entspringt mit den zwei Quellflüssen Vorder- und Hinterrhein im Kanton Graubünden in der Schweiz. Auf seinem Weg durch die Alpen vereinigen sich die beiden Arme in Reichenau-Tamins zum Alpenrhein. Über Chur und Sargans wird er zum Grenzfluss Schweiz-Lichtenstein und danach Schweiz-Österreich, bevor er den Bodensee erreicht.
Dort lädt der Fluss jährlich rund 2,5 Millionen m3 feinste Alpensedimente ab und arbeitet seit der letzten Eiszeit an einem imposanten natürlichen Delta.
Allen Widerständen und wasserbaulichen Maßnahmen wie Regulierungen, Dämmen und Kanälen zum Trotz ist es gelungen, große Teile des Deltas in seiner Natürlichkeit und Dynamik zu erhalten.
Fakten zum Gebiet:
- Fläche: 2.065 ha
- Lage: Gaißau, Höchst, Fußach, Hard am Bodensee
Gesamte Uferlandschaft vom Alten Rhein an der Grenze zur Schweiz bis hin zur Dornbirnerach, die östlich des Neuen Rheins in den Bodensee mündet. - Status: Naturschutzgebiet und Natura 2000-Gebiet
Das Rheindelta ist das größte Feuchtgebiet am Bodensee und von europäischer Bedeutung!
Was das Rheindelta so absolut besonders macht
Seit der letzten Eiszeit vor über 10.000 Jahren transportiert der Rhein Sedimente bis zum Bodenseeufer, das früher wesentlich weiter nach Süden reichte. Nach und nach schuf der Rhein neues Land, allein im 20. Jahrhundert 2 km2. Tatsächlich verringert sich auch heute noch - trotz wasserbaulicher Maßnahmen - die Wasserfläche des Bodensees und die Rheinmündung wandert immer weiter seewärts.
Jährlich entstehen 2 bis 3 ha neue Landfläche und eines Tages wird der Bodensee vollständig verlandet sein.
Die dadurch entstehenden Flachwasserbereiche sind äußerst wichtig für die Selbstreinigung des Wassers, sie sind die Kinderstube vieler Fischarten, Vögel brüten an den Sand- und Kiesbänken, im Schilf oder in den nahen Streuwiesen oder sind nur auf der Durchreise von Nord nach Süd und nutzen das Rheindelta als wichtigen Stützpunkt auf ihrer langen Reise.
Auwälder und Moore, Teiche und Tümpel bieten zahlreichen weiteren Arten einen Rückzugsraum, den sie in ganz Österreich praktisch nicht mehr finden.
Tatsächlich konnten im Rheindelta 330 Vogelarten, über 600 Farn- und Blütenpflanzen, zahlreiche gefährdete Libellenarten, seltene Heuschrecken und rund 700 Schmetterlingsarten nachgewiesen werden!
Eine Handvoll an tierischen und pflanzlichen Beispielen
Sieht man sich die Lebensweise und Ansprüche jener Arten an, die praktisch nur noch ausschließlich im Rheindelta vorkommen, dann merkt man schnell, warum dem so ist: Sie alle sind auf Lebensräume angewiesen, die in Österreich und in ganz Europa kaum noch vorkommen, weil wir Menschen sie für uns beanspruchen und verändern, als Siedlungsfläche, als landwirtschaftlich intensiv genutzte Gebiete oder für unsere Infrastruktur.
1Pflanzen
- Bodensee-Vergissmeinnicht: Kommt weltweit nur am flachen Kiesufer des Bodensees vor und ist bestens an den jährlich schwankenden Wasserstand angepasst.
- Duft-Lauch: Späte Samenbildung, profitiert von einer späten Mahd im Herbst.
- Strandschmiele: Ein unauffälliges Gras, welches aber zu den seltensten Arten in ganz Österreich zählt, da es – wie das Bodensee-Vergissmeinnicht – weltweit nur am Bodensee zu finden ist.
- Pfeifengraswiese: Ein Streuwiesentyp, der immerhin in Vorarlberg recht häufig auftritt. Pfeifengras kommt gut mit nährstoffarmen Böden zurecht.
2Vögel
- Braunkehlchen: Nistet in Streuwiesen, eine frühe Mahd wäre für das Gelege fatal.
- Eisvogel: Braucht ganzjährig eisfreie Gewässer und senkrechte Uferabbrüche
- Flussseeschwalbe: Brütet auf störungsfreien Sand- oder Kiesflächen an Gewässern
- Purpurreiher: Brütet in Vorarlberg ausschließlich im Rheindelta und selbst hier nicht jedes Jahr
3Schmetterlinge
- Heller- und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling: Legt Eier ausschließlich auf den Großen Wiesenknopf. Ameisen tragen Raupen später in ihr Nest, wo sie sich bis zur Verpuppung von Ameisenbrut ernähren. Nur durch eine späte Mahd im September können sich die Raupen überhaupt entwickeln.
- Skabiosen-Scheckenfalter: Die schwarzen Raupen überwintern in Bodennähe. Ein zu tiefes Mähen – tiefer als 10 cm über dem Boden – ist für ihn ebenso fatal, wie die gänzliche Nutzungsaufgabe
4Rückkehrer und andere Spezialisten
- Biber: Seit 2006 nach 350 Jahren im Rheindelta wieder heimisch.
- Bitterling: Kleiner Karpfenfisch, der seine Eier in Muscheln legt.
- Koppe: Künstliche Wanderhindernisse sind für den schlechten Schwimmer ein KO-Kriterium, außerdem stellt er hohe Ansprüche an die Wasserqualität.
- Kammmolch: Braucht Teiche und Tümpel fürs Laichen, aber auch naturnahe Landlebensräume, da er sich die meiste Zeit an Land aufhält.
Der lange Weg zum Schutzgebiet
Schon früh war die Besonderheit des Rheindeltas unter einzelnen Naturliebhabern bekannt. Vor allem der Reichtum an Wasser- und Wattvögeln, aber auch seltener Pflanzenarten lockten bereits im 19. Jahrhundert Botaniker und Ornithologen an das Ufer des Bodensees.
Fischer hingegen sahen in den Wasservögeln eine Konkurrenz und die Bauern konnten mit den feuchten Wiesen nichts anfangen. Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, wie schwierig es war, das Rheindelta langfristig unter Schutz zu stellen.
1900: Fußacher Durchstich: Die Verbindung des Rheins von Brugg (Höchst) auf direktem Wege mit dem Bodensee zwischen Hard und Fußach wird realisiert. Damit einher gehen drei Auswirkungen: eine kürzere Fließstrecke, ein gebändigter Wildfluss Alpenrhein und die Verminderung der Hochwassergefahr.
Schon damals wurden Stimmen laut, dass der Fußacher Durchstich für das Naturjuwel, insbesondere für die Vogelwelt, negative Folgen haben wird.
1926: Um den Fischern entgegen zu kommen, erleichtert die Bodenseefischereiverordnung die Verfolgung von „fischereischädlichen Tieren“ wie Kormoran, Eisvogel, Möve, Schwan, Fischotter, etc.
1939: Der erste Anstoß für ein Schutzgebiet kommt von einem Forstmeister aus Bregenz, der den Antrag einbringt, das „Reichsnaturschutzgesetz“ auf eine 750 h große Fläche zwischen alter und neuer Rheinmündung anzuwenden.
1942: Der Meilenstein: Mit der Verordnung der einstweiligen Sicherstellung des Naturschutzgebietes Rheinau wird das Rheindelta zum ersten Vorarlberger Schutzgebiet erklärt.
1956 – 1963: Bau des 8 km langen „Polderdamms“ samt Pumpen vom Alten bis zum Neuen Rhein, mit dem das Rheindelta „eingedeicht“ werden soll, um Überschwemmungen landwirtschaftlich relevanter Flächen zu verhindert.
Bis heute ist der Damm und damit die Veränderung des Grundwasserhaushaltes eines der größten Probleme des Schutzgebiets.
1964: Der WWF-International tritt auf den Plan und erklärt das Rheindelta zu einem seiner wichtigsten Projekte. Dazu springen reihenweise namhafte regionale und internationale Verbände mit Naturschutz- und speziell ornithologischem Hintergrund auf den Zug auf, wie etwa die Vorarlberger Naturschau, die Österreichische Vogelwarte, die CIPRA, die Deutsche Ornithologische Gesellschaft oder das Schweizer Landeskomitee für Vogelschutz.
1976: Eine neue Schutzverordnung für das Rheindelta wird verfasst, die auch 250 ha Streuwiesen landseits des Polderdamms einbezieht.
2003: Das Rheindelta wird zum Natura 2000-Gebiet gemäß Vogelschutz- und Fauna-Flora-Habitats-Richtlinie der EU erklärt.
Endlich wird dem Gebiet der Status verliehen, der ihm seit eher gebührt.
2008: Mit dem Interreg III A-Projekt „Ökologische Aufwertung der Mündung des Alpenrheins in den Bodensee“ wird die Uferstruktur am Rheindamm für die Fischfauna attraktiver gemacht und mit Dammdurchbrüchen zur Verbindung von Fußacher Bucht mit der Lagune und einem neuen Durchlass beim Schleienloch zum See wird der Wasseraustausch verbessert.
Quellen:
Aschauer M. & Grabher M. (2010): Das Werden des Naturschutzgebietes Rheindelta. Ein historischer Abriss. UMG Berichte 3, UMG Umweltbüro Grabher, Bregenz, 4 S. http://www.umg.at/umgberichte/UMGberichte3_Geschichte_Naturschutzgebiet_Rh eindelta.pdf
www.rheindelta.com
www.naturvielflat.at
Ein herzliches Dank gebührt dem Naturschutzverein Rheindelta, für die freundliche zur Verfügungstellung der Bilder.
Selbst aktiv werden
Im Herbst ist im Rheindelta besonders viel los: Zehntausende Wasser- und Wattvögel machen auf ihren langen Reisen vom hohen Norden in den Süden hier am Bodensee Halt, um zu rasten. Wenn du also Lust hast, Graugänse, Brachvögel, Haubentaucher, Reiher, Flussseeschwalben und viele andere zu beobachten, wie sie im Flachwasser nach Nahrung suchen oder sich am Himmel in großen Schwärmen sammeln, dann nimm unbedingt an der Exkursion von Birdlife „Vogelzug im Rheindelta“ teil!
- Wann: Sonntag, 8. September 2019, 8.00 Uhr
- Treffpunkt: Parkplatz FFK-Strand, Hard am Bodensee