Permafrostböden? Das klingt nach Polargebieten, Grönland, Sibirien. Dort ist das Erdreich das ganze Jahr hindurch gefroren. Solche Dauerforstböden gibt’s aber auch in Österreich. Die Frage ist nur, wie lange noch.

Permafrost im hohen Norden

Auf der Nordhalbkugel sind etwa 25 % der Landmassen Permafrostböden. In diesen Gebieten tritt Dauerfrost oft flächendeckend auf. Und er reicht weit in die Böden hinunter – in Sibirien etwa bis zu 1.500 Meter tief. Schließlich war die dortige Tundra mangels größerer Gletscher stets der Kaltluft ausgesetzt. Was dazu führte, dass Mammuts in ihrem Permafrost-Grab hervorragend konserviert wurden. Und das über Jahrtausende. Quasi unterirdische Tiefkühltruhe.

 

Permafrost auf Österreichs Bergen

Permafrostböden gibt’s aber auch in Österreich. Und gar nicht so selten. Man muss nur weit genug die Berge raufsteigen. In den Zentralalpen kann Permafrost schattseitig ab etwa 2.400 m, sonnseitig ab 2.700 m Höhe auftreten. Modellrechnungen zufolge sind rund 1.600 bis 2.000 Quadratkilometer dauerhaft gefroren. Das entspricht etwa zwei Prozent der österreichischen Bodenfläche. Oder dem Vierfachen der heimischen Gletscherfläche.

 

Nur ist der Permafrost in Österreichs Hochgebirgen viel kleinräumiger und oberflächlicher als etwa in Polargebieten. Er reicht oft nur wenige Meter tief ins Erdreich. Außerdem ist er ziemlich unregelmäßig verteilt. Denn Permafrost kommt hiezrulande nur vor, wo günstige Voraussetzungen herrschen: möglichst nordseitige Ausrichtung, große Hangneigung, große Seehöhe. Auch die Vegetation und die Art des Untergrundes spielen eine Rolle. Denn Permafrost kann in lockerer Erde genauso vorkommen wie in Blockhalden oder in kompaktem Fels.

 

Permafrostböden sind das ganze Jahr über gefroren – zumindest in den unteren Bodenschichten.

Gefriergut im Verborgenen

Permafrost bedeutet aber nicht, dass der gesamte Boden jahrein, jahraus komplett gefroren ist. Die obersten Meter können im Sommer durchaus auftauen. Unter dieser „Auftauschicht“ liegt dann der eigentliche, ganzjährige gefrorene Permafrostboden. Er ist somit an der Oberfläche nicht immer sichtbar. Es sei denn, er tritt als Blockgletscher auf.

Blockgletscher in den Stubaier Alpen (Tirol)

Blockgletscher: gerölliger Zungenbelag

Ist das Eis unter einer nicht gefrorenen Schicht aus Gesteinsblöcken verborgen, spricht man von Blockgletschern. Diese gesamte Eis- und Geröllmasse kriecht träge den Berg hinab und bildet dabei oft Zungen wie ein „echter“ Gletscher. Deshalb ist diese Permafrost-Form schon von weitem zu erkennen. Schätzungen zufolge gibt es in Österreich mehrere hundert Blockgletscher, die sich noch bewegen. Blockgletscher sind auch wichtige Wasserspeicher. Denn durch die schützende „Schutthaube“ schmilzt ihr Eis viel langsamer als das der „echten“ Gletscher.

Zukunftsperspektive weltweit: Der Permafrost gibt Gas

Durch die Klimaerwärmung tauen zahlreiche Permafrostböden auf – manche nur oberflächlich, andere gänzlich. Prognosen gehen davon aus, dass bei einer Erwärmung um zwei Grad Celsius weltweit 25 bis 44 Prozent der Permafrostböden verschwinden.

Der Haken daran: In diesen Böden sind seit Jahrtausenden imposante Mengen an Kohlenstoff gespeichert: Man rechnet mit 1.300 bis 1.600 Gigatonnen – etwa doppelt so viel wie in der gesamten Erdatmosphäre. Beim Auftauen des Permafrostes würden enorme Gasmengen freigesetzt, die die Klimaerwärmung zusätzlich anfeuern: v. a. Kohlendioxid, Methan (ca. 25-fache Treibhauswirkung von CO2) und Lachgas (ca. 300-fache Wirkung).

Tauen Permafrostböden durch den Klimawandel auf, nehmen Felsstürze in den Alpen zu.

Zukunftsperspektive in Österreich: Das große Bröckeln

Österreich droht eher ein Stabilitätsproblem. Denn in den Bergen dient der Permafrost als „Kitt“ und hält das Geröll zusammen. Fehlt der Kitt, fallen die Berge auseinander.

Daher ist hierzulande vermehrt mit Felsstürzen und Muren zu rechnen. Sie können Wanderwege, Straßen oder Gebäude bedrohen – wie beim Gamsgrubenweg im Kärntner Teil des Nationalparks Hohe Tauern. Er musste schon Anfang des Jahrtausends wegen Steinschlaggefahr in Tunnels verlegt werden. Zudem sacken Schutzhütten oder Seilbahnstationen mitsamt ihres aufgetauten Untergrundes ab. So geschehen beim Hochwildehaus in den Ötztaler Alpen: Seit 2016 ist es wegen irreparabler Schäden geschlossen.

 

Der kleine Bruder der Gletscherschwundes

Es ist also einiges im Umbruch in Österreichs Bergen. Hier steigt die Temperatur stärker als im weltweiten Mittel, die Permafrostgrenze wandert nach oben. Nur ist von außen nicht so leicht ersichtlich, wie es dem Permafrost geht – anders als bei Gletschern. Der Permafrost ist gewissermaßen der kleine, unbekanntere Bruder des Gletscherschwundes. Fest steht: Die Wundertüte Boden hat sicher noch einige Überraschungen für uns parat.

(Autor: Uwe Grinzinger)

 

 

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