Das Halltal ist eine jener vielen Eingangspforten in den Naturpark Karwendel, der mit über 700 km2 den größten Naturpark Österreichs darstellt. Schon nach wenigen Minuten Wanderung offenbart sich die ganze Wildheit und Schönheit des Tales, das von den Gipfeln des Bettelwurfs, der Speckkarspitze und des Stempeljochs geprägt wird. Hier zeigt sich das Kalkgebirge in seiner ganzen Dynamik, denn die riesigen Schotterflächen sind ständig in Bewegung, nach starken Regenfällen ist die Straße unpassierbar und noch im Juni liegen die Reste von gewaltigen Schneelawinen am Talboden.
Orchideenreichtum
Die Wanderung folgt dem so genannten Soleweg, der parallel zur Fahrstraße ins Halltal führt. Wander- und Naturführerin Susi Vianello ist begeistert:
„Über 80 verschiedene Orchideenarten gedeihen hier in den Wäldern und Wiesen, unter ihnen die größte aller heimischen Orchideenarten, der Frauenschuh.“
Aber auch Knabenkräuter, das Waldvögelein und die Waldhyazinte findet man praktisch auf Schritt und Tritt.
Wasserreichtum und Gamsschauplatz
Auf halbem Weg zum geschichtsträchtigen Gasthof St. Magdalena erreicht man eine große Wasserfassung. Hier wird das Trinkwasser für die Stadt Hall in Tirol gefasst. Das durch den Felsen bestens gefilterte und im Inneren des Berges gefasste Wasser ist so rein, dass es völlig unbehandelt in das Wassersystem eingespeist werden kann.
Auf den steilen Hängen dahinter stehen die Gämsen – obwohl es schon 10 Uhr am Vormittag ist.
„Seit fünf Jahren begleite ich nun schon Führungen ins Halltal und ausnahmslos immer können wir hier Gämsen beobachten.“
Kaiser Maximilian I. – ein Reformer durch und durch
Der Reichtum an Gämsen und Steinböcken dürfte auch für Kaiser Maximilian ein starker Anreiz gewesen sein, das Halltal zu einem seiner beliebtesten Jagdreviere zu erkoren.
Der gebürtige Erzherzog Maximilian von Österreich (1459 – 1519) stammte aus dem Geschlecht der Habsburger. Durch Heirat mit Maria von Burgund wurde er zum Herzog von Burgund. Sie schenkte ihm zwei Kinder, starb aber selbst sehr früh an den Foglen eines Reitunfall. In zweiter Ehe war er mit Bianca Maria Sforza aus Mailand verheiratet, die er allerdings nicht liebte. Ab 1486 war Maximilian römisch-deutscher König, ab 1493 Herr der habsburgischen Erblande und von 1508 bis zu seinem Tot 1519 römisch-deutscher Kaiser.
Tirol erbte er von seinem Verwandten Erzherzog Sigmund dem Münzreichen. Vor allem der Silber- und Kupferabbau in Schwaz wie auch die Salzgewinnung in Hall brachten ihm Reichtum ein. Die Burg in Kufstein ließ er, nachdem er die alte Burg in Trümmer geschossen hatte, neu erbauen. Aber besonders Innsbruck war für ihn aufgrund des schon damals äußerst wichtigen Nord-Süd-Verkehrs über den Brenner sowie auch des Ost-West-Verkehrs über den Arlbergpass von strategischer Bedeutung. Auch waren Verbindungen zu Spanien durch seinen Sohn Philipp des Schönen und dessen Heirat mit Johanna der Wahnsinnigen von Spanien gegeben. Diese Beziehung stellte sich insbesondere nach der Entdeckung neuer Lande im Westen durch Christoph Kolumbus im Jahr 1492 als äußerst günstig heraus. Die 2.657 feuervergoldeten Kupferschindeln des Goldenen Dachls in Innsbruck gehen auf Kaiser Maximilian zurück.
Ein Waidmann mit neuen Ideen
Neben seinen Reichsreformen, die ein neues Zeitalter einläuten sollten und als Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit anzusehen sind, war Maximilian I. vor allem auch ein leidenschaftlicher Jäger. Die Berge in Tirol, die sich unmittelbar vor den Türen Innsbrucks erheben, kamen ihm hierbei sehr entgegen. Die Jagd beschäftigte ihn sosehr, dass er gleich mehrere Bücher (Theuerdank, Weißkunig und das Tiroler Jagdbuch sowie ein Fischereibuch) darüber verfasste. In seinem „Geheimen Jagdbuch“ von 1508 gibt er genaue Anleitungen, wie sich ein Waidmann zu kleiden habe, welche Ausrüstung er brauche und welche Besonderheiten es vor allem in Bezug auf die Gams- und Steinbockjagd rund um Innsbruck gebe.
Schon seit 1414 war die Jagd ausschließlich herrschaftliches Privilegium, das heißt, sie war ausschließlich dem Landesfürsten und zum Teil dem hohen Adel und dem Klerus vorbehalten. Kaiser Maximilian war der erste, der die Jagd aber auch in Alltag, Freizeit und Politik integrierte. Auf ihn geht zum Beispiel die gezielte Wildhege zurück. 1503 ließ er dafür extra einen „Obristjägermeister“ ernennen, dessen Kompetenzen vom Forst getrennt waren und der zudem für die Sicherung es landesfürstlichen Jagdprivilegs zuständig war. Einfache Bauern durften etwa weder Armbrust noch Handbüchsen im Gebirge mitführen und es gab sogar ein Verbot für das Aufstellen von Zäunen, in denen sich das Wild möglicherweise verletzten könnte. Für die Bauern untragbare Zustände, da sie ihre landwirtschaftlichen Kulturen nicht entsprechend sichern konnten.
Schaujagden und ein besonderer Fisch
Die Hege des Wildes trug schnell Früchte, die Wilddichte stieg, der Jagderfolg ebenso. Vor allem die Gamsjagd nutzte Maximilian für richtige Schaujagden, suchte sich steile Felsflanken, die gut einsehbar waren und in die die Gämsen durch Hatzjagd getrieben wurden. Klerus, Adel und sogar Herrscher und Diplomaten aus benachbarten Gefilden waren eingeladen, sich das Schauspiel, den Mut und das Geschick des Kaisers anzusehen.
Nebenbei spielte auch die Fischerei für Maximilian eine wichtige Rolle. Am liebsten waren ihm die fischreichen Innauen, in er an ein und demselben Tag zuerst der Hirschjagd und danach der Fischerei nachgehen konnte. Eher unbeabsichtigt wurde Maximilian sogar zum Artenschützer, indem er veranlasste, Tiroler Bergseen mit Forellen zu bestücken. Im Gossenköllesee im Tiroler Kühtai überlebte bis heute ein Stamm der letzten rein donaustämmigen Forelle, die Kaiser Max Forelle.
Eine nicht zu haltende Einsiedelei
Nach rund zwei-stündiger gemütlicher Wanderung durch den Bergmischwald und zahlreichen Infotafeln zur Salzgewinnung, erreicht man St. Magdalena mit Gasthaus und Kirche. Bereits im 15. Jahrhundert gründeten die Brüder Frankfurter in der Abgeschiedenheit des Halltales mit Blick auf den Bettelwurf und die heutige Bettelwurfhütte, die nicht nur über den Normalweg, sondern auch über einen imposanten, langen Klettersteig zu erreichen ist, eine Einsiedelei. Nach nur sieben Jahren gaben sie sie wieder auf und auch die Augustinerinnen, die sich des Platzes annahmen, verließen ihn schon nach wenigen Jahrzenten wieder. Schließlich übernahm die Verwaltung des Salzbergbaues die Kirche als Seelsorge für die Bergknappen. Auch heute noch – das Mesnerhaus wurde um 1930 zum Gasthaus umgebaut – bedarf die Erhaltung der Gebäude einiges an Aufwand.
Dennoch ist St. Magdalena heute ein beliebtes Ausflugsziel. Die Fahrstraße zwar ist aufgrund der Vermurrungsgefahr durch die Schotterreisen des Bettelwurfs seit einigen Jahren für den privaten Verkehr gesperrt, aber mit Taxi oder Mountainbike – heute meist E-Bike – ist das idyllische Gasthaus gut zu erreichen. Nebst der touristischen Bedeutung als Eingangstor in Österreichs größten Naturpark, spielt auch die Jagd immer noch eine nicht unwesentliche Rolle im Halltal. Schließlich ist sie im Besitz einer der größten Firmen Tirols und beherbergt sogar eine Herde des ursprünglich aus Sardinien und Korsika stammenden Muffelwildes.
Die geschichtlichen Jagddetails zu Kaiser Maximilian stammen aus „Der Jägermeister“, Echo online, Michael Kogler.
Jetzt selbst aktiv werden
Willst auch du mehr zum Halltal, seiner interessanten Salzgeschichte, der Jagd am Ende des Mittelalters, seiner reichen Blumenvielfalt und imposanten Wildheit erfahren, dann melde dich zu einer der geführten Wanderungen zum Thema "Die Jagd zu Zeiten Maximilians I." an. Gemeinsam mit Wander- und Naturführerin Susi Vianello geht es jeden Freitag bis 5. Oktober ab 9.00 Uhr am Eingang des Halltals in Absam los.
"Die Jagd zu Zeiten Maximilians I."