die Tiere und Pflanzen des Waldes mit denen der Wiesen zusammen. Klaus Auffinger ist Schutzgebietsbetreuer in Tirol und trommelt Jahr für Jahr Menschen aus der Umgebung zusammen, damit sie bei der aufwendigen bäuerlichen Pflege der Lärchenwiesen mithelfen.
Lärchenwiesen sind ein Tummelplatz der Artenvielfalt, ein intaktes Ökosystem und ein Raum der Erholung in einem Landschaftsbild, das nicht nur für Gäste „schön“ ist, sondern auch von der lokalen Bevölkerung als identitätsstiftend wahrgenommen wird. So natürlich die Lärchenwiese auch erscheinen mag, ihre Existenz ist das Ergebnis kontinuierlicher, sorgfältiger Pflege. Diese traditionelle Kulturlandschaft der Alpenregion wird seit Generationen von den lokalen Bauern und Bäuerinnen gepflegt. Deren Wissen und Können sind untrennbar mit dem Fortbestehen der Lärchenwiesen verbunden.
Ein Natur-Kunst(!)werk
Die Lärche ist eine heimische Baumart montaner und subalpiner Höhenlagen und wirft im Winter ihre Nadeln ab. Sowohl mit als auch ohne Nadeln ist die Baumkrone verhältnismäßig lichtdurchlässig. Deshalb wird unter diesen Bäumen traditionell geweidet und in höheren Lagen zwischen den Stämmen gemäht. Klaus Auffinger, Schutzgebietsbetreuer im Wipptal/ Stubaier Alpen ist ein besonderer Kenner der ökologischen Bedeutung von Lärchenwiesen: „Fichten, Grünerlen und Zwergsträucher müssen gezielt zurückgedrängt werden. Diese arbeitsintensive Bewirtschaftung ermöglicht eine beeindruckende Artenvielfalt. Von Zittergras bis Arnika, von Widderchen bis Rehbock – die blütenreichen Magerwiesen bieten unzähligen Pflanzenund Tierarten einen Lebensraum.“ Baumpieper und Spechte nutzen das reiche Insektenvorkommen, um ihre Jungen großzuziehen. Quellaustritte und Kalklinsen im Urgestein schaffen lokale Arten-Hotspots, an denen Übergangsmoore und Kalkniedermoore mit Wollgräsern und Orchideen gedeihen.
Kulturlandschaft als lebendiges Zeugnis eines Miteinanders
Auffinger achtet als Schutzgebietsbetreuer auf den Zustand geschützter und gefährdeter Tier- und Pflanzenarten sowie den Zustand ihrer Lebensräume in den Schutzgebieten. Er begutachtet Wiesen und Gebäude, die für Förderungen infrage kommen, um den Erhalt dieser kleinbäuerlichen Architektur und der charakteristischen Kulturlandschaft zu sichern. Dabei geht es nicht nur um den Erhalt der Lärchenwiesen, sondern auch um das Bewahren des überlieferten Wissens: Wie werden Balken übereinandergelegt, wie Lärchenschindeln gespalten? Wie beeinflusst ein Wassernetzwerk die Pflanzenarten und Bodenbeschaffenheit? Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Mahd und die Lagerung des Heus? Ohne dieses Wissen verbrachen Lärchenwiese. „Ich bin unglaublich dankbar für die Arbeit, die Bauern und Bäuerinnen täglich leisten.“ Kulturlandschaften sind lebendige Zeugnisse eines Miteinanders von Natur und Mensch. „In den Bergregionen ist die Aufteilung der Wirtschaftsräume eine Frage des Platzes“, erklärt Auffinger. „Bereits die ersten Schwaighöfe legten ihre Äcker auf den Talböden an. Dann folgte Wirtschaftsgrünland, das sich bis zu den Talweiden erstreckt, welche wiederum in Mähwiesen übergehen, die bis hinauf zu den Gipfeln reichen. Ohne Bewirtschaftung würde bis zur Waldgrenze dichter Wald wachsen.“
Lärchenwiesen sind doppelter Nutzraum
Aus Notwendigkeit und Geschick entstanden an den Berghängen der Seitentäler die Lärchenwiesen als einzigartige Kulturlandschaften der Alpen. Die Lärchenwiese ist ein doppelter landwirtschaftlicher Nutzraum, der sowohl Holz als auch Grünfutter in einem für Bergregionen typisch extensiven Umfang liefert. Während sich die Natur entfaltet, findet gleichzeitig eine landwirtschaftliche Nutzung statt. Diese erfolgt fast ausschließlich von Hand und erfordert gute Fußarbeit, selbst auf erschlossenen Flächen. „Bevor gemäht wird, müssen im Frühjahr die herabgefallenen Äste von den Wiesen gesammelt oder mit Rechen herausgekämmt und auf Asthaufen gestapelt werden. Gemäht wird mit Balkenmähern oder der Sense. Der Schnitt wird gewendet und an der Sonne getrocknet. Das Heu wird entweder ins Tal gefahren oder, wenn die Scheunen voll sind, in traditionellen Baumstadeln am Berg gelagert“, beschreibt Auffinger die typischen Arbeitsschritte. Einige Bauern und Bäuerinnen lagern dieses Heu separat, um es gezielt als „Gesundheitsprophylaxe“ an ihre Tiere zu verfüttern.
Menschen aus der Stadt packen mit an
Klaus Auffinger steht mit den Bäuerinnen und Bauern in engem Kontakt. Sie melden sich, wenn größere Arbeiten anstehen oder es an Arbeitskräften mangelt. Über das Projekt „Tirol ganz echt“, das der Tourismusverband Wipptal organisiert, oder ein „Familienbergwaldprojekt“ des Österreichischen Alpenvereins haben Freiwillige die Möglichkeit, bei typischen landwirtschaftlichen Arbeiten mit anzupacken. Die Organisation, der Transport und die Verpflegung werden von Vereinen, Verbänden und Grundbesitzenden übernommen. Neben der Tatsache, dass wichtige Arbeit erledigt wird, entsteht eine Verbindung zwischen Menschen aus unterschiedlichen Lebenswelten. Auffinger berichtet von besonderen Momenten, wenn Menschen aus der Stadt in den Alltag der kleinbäuerlichen Landwirtschaft begeistert eintauchen und die Bewirtschaftenden bewegt und manchmal auch ein bisschen überrascht sind, dass sie ihre Zeit für diese Arbeit „nur“ für eine Jause aufbringen. „Diese Momente des gegenseitigen Respekts haben eine nachhaltige Wirkung“, ist Auffinger überzeugt. Ökonomisch betrachtet können die Lärchenwiesen nicht mit den Erträgen der Tallagen konkurrieren – weder im Hinblick auf die Holzproduktion noch auf den Nährstoffgehalt des Futters. Die kleinen Höfe werden weniger und die Arbeitskräfte am Hof durch Maschinen ersetzt. „Die Bauern und Bäuerinnen lieben ihre Lärchenwiesen, auch weil ihnen bewusst ist, dass die Arbeit von Generationen davor in den Wiesen steckt.“ Deshalb möchte Klaus Auffinger, dass Lärchenwiesen als Weltkulturerbe anerkannt werden. Sowohl kulturelle als auch natürliche Kriterien sprächen dafür. Als Weltkulturerbe könnten sie den Status erlangen, den sie verdienen, und würden so von der Öffentlichkeit wahrgenommen und geschützt werden und die Bauern und Bäuerinnen könnten unterstützt werden.