Der Biosphärenpark Salzburger Lungau fördert vielfältige Kulturlandschaften und traditionelles Handwerk. Die Landwirtschaftsfachschule Tamsweg hilft ihm dabei. Zum Beispiel bei alten Obstsorten oder alter Zaunbaukunst.

Er drängt sich nicht gerade auf, der Lungau. Etwas versteckt liegt diese Region Salzburgs an der Grenze zu Kärnten. Und von Gebirgen umzingelt. Viele sahen darin früher einen Standortnachteil. Ein Umstand könnte aber auch zum Vorteil für den Lungau werden: Durch die Abgeschiedenheit blieb die historische gewachsene Kulturlandschaft hier besser erhalten als anderswo.

Biosphärenpark Lungau: Anpacken statt Aussperren

Seit Juli 2012 ist der gesamte Lungau ein Schutzgebiet: Zusammen mit den benachbarten Kärntner Nockbergen bildet er den größten (ca. 1.500 km2) und jüngsten heimischen UNESCO-Biosphärenpark. Dieses Schutzgebiet stülpt keinen Glassturz übers Land. In kleinen Bereichen darf die wilde Lungauer Natur zwar ungestört tun, was die Natur halt so tut. Den Großteil der Fläche sollen aber die LungauerInnen weiterhin maßvoll bewirtschaften, wie schon Jahrhunderte zuvor. Um die typisch bäuerliche Kulturlandschaft der Region zu erhalten.

Schön. Soweit die Theorie. Aber wer setzt die in die Praxis um?

Alte Apfelsorten

Landwirtschaftsfachschule: LandschaftspflegerInnen in spe

Hier kommt die Landwirtschaftsfachschule (LFS) Tamsweg ins Spiel. Sie ist regionaler Partner des Biosphärenparks Lungau. Das trifft sich gut, schließlich werden in ihr Land- und Forstwirte ausgebildet – und damit künftige LandschaftspflegerInnen. Sie lernen, landwirtschaftliche Nutzung und schonenden Umgang mit der Natur bestmöglich zu vereinen. Zum Beispiel in Streuobstwiesen.

Streuobstwiesen: kunterbunte Wohngemeinschaft

So sieht eine ideale Streuobstwiese aus: Etliche Obstbäume, junge wie alte. Nicht brav in Reih und Glied, sondern kunterbunt durcheinander, mit viel Platz dazwischen. Verstreut eben. Die Bäume stehen auf einer artenreichen Blumenwiese, die von Zeit zu Zeit gemäht oder beweidet wird. So ein Lebensraum freut nicht nur das Auge, sondern auch Zwergohreule, Hirschkäfer, Aurorafalter, Siebenschläfer, Eichhörnchen, oder Wiedehopf.

Lebwohl, Streuobstwiese?

So weit, so gut. Nur: Viele alte Streuobstwiesen sind heute Siedlungen, Felder oder überdüngte Löwenzahnwiesen. Dort ist es rasch vorbei mit der Artenvielfalt. In intensiv genutzten Plantagen sowieso. Aus ihnen kommt aber meist unser heutiges Obst. Insgesamt sollen in den letzten Jahrzehnten 80 % unserer Streuobstwiesen verschwunden sein. Und damit geht es auch vielen der 5.000 Tier- und Pflanzenarten an den Kragen, die die Streuobstwiesen bevölkern. Und selbst dort, wo es noch Streuobstwiesen gibt, tun sich immer weniger Leute den Pflege- und Ernteaufwand an. Hier fällt der Apfel also nach wie vor nicht weit vom Stamm – aber niemand klaubt ihn mehr auf. Auch im Lungau nicht.

Schau-Streuobstgarten: Schafsnase & Co

Da setzt der historische Schaugarten der LFS Tamsweg an, ausgezeichnet mit dem Naturschutzpreis „Brennnessel“ von Blühendes Österreich. SchülerInnen und freiwillige HelferInnen pflegen dort eine 2.000 m2 große Streuobstwiese und machen sie der Öffentlichkeit zugänglich. Mit Unterstützung des Biosphärenparks Lungau und des Obst- und Gartenbauvereins Tamsweg. Alte Apfelbäume werden veredelt, zusätzlich junge Bäume gepflanzt. Etwa Rosmarinapfel, Schafsnase, Winterrambur oder Roter Boskoop.

Alte Apfelsorten: So vielfältig schmeckt die Region

Denn der Schau-Streuobstgarten soll auch regionale Lungauer Apfelsorten erhalten. „Leider sind wir draufgekommen, dass wir im Lungau gar nicht mehr alle alten Sorten haben“, erklärt Lehrerin Burgi Kaiser, die treibende Kraft hinter dem Schauobstgarten. „Jetzt müssen wir zumindest das bewahren, was noch da ist.“

Und warum? Weil die alten „Obstschätze“ oft deutlich robuster sind als „Allerweltssorten“, besser an den jeweiligen Standort angepasst. Und nebenbei schmecken sie meist auch noch besser. Noch gibt es etwa 400 bis 500 regionale Apfelsorten in Österreich. Also deutlich mehr als die rund fünf Sorten im durchschnittlichen Supermarktregal. Vielfältiges Erbmaterial also, das es für künftige Neuzüchtungen zu erhalten gilt. Denn: Was einmal weg ist, ist weg. Unwiederbringlich.

Alte Zaunformen: Girschtenzaun statt Thujenhecke

Noch eines ist Burgi Kaiser wichtig: „Dass auch die jungen Leute wieder die alten bäuerlichen Handwerkstechniken beherrschen. Irgendwann ist dann die Idee entstanden: Wir könnten mit den Schülerinnen und Schülern ja die verschiedenen Zaunformen bauen, die es früher im Lungau gegeben hat: Kreuzzaun, Bänderzaun, Pilotenzaun, Girschtenzaun, Garchtlzaun, Steinmauer.“ Gesagt, getan. Nun ist der Schaugarten von fast 300 Metern Zaunvielfalt umgeben. Nur ein kleines Stückerl fehlt noch. Der „Lückenschluss“ ist demnächst geplant. Und zwar bei folgender Veranstaltung:

(Autor: Uwe Grinzinger)

Du bist bei alten Obstsorten auf den Geschmack gekommen? Oder willst Schülerinnen und Schülern beim Bau alter Zäune helfen?

Im historischen Lungauer Streuobst-Schaugarten ist Gelegenheit dazu:

Montag, 11. Juni 2018, ab 15:00 Uhr

Landwirtschaftsfachschule, Preberstraße 7, 5580 Tamsweg

Aktiv werden:

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